Psychiatr Prax 2007; 34(6): 310
DOI: 10.1055/s-2007-986488
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FIPS - Familien mit einem psychisch erkrankten Elternteil

Susanne Kilian, Thomas Becker
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Publication Date:
24 August 2007 (online)

 

Kinder von Familien mit einem psychisch kranken Elternteil weisen ein erhöhtes Risiko auf, selbst an einer psychischen Störung zu erkranken und bilden damit eine wichtige Zielgruppe der selektiven Prävention psychischer Störungen. Mit der Beratungsstelle FIPS für Familien mit einem psychisch erkrankten Elternteil bietet die Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie II der Universität Ulm am Bezirkskrankenhaus Günzburg ein Unterstützungsangebot für betroffene Familien an. Ziel der Arbeit von FIPS ist es, die Probleme der Kinder in diesen Familien früher wahrzunehmen und falls notwendig, am jeweiligen Bedarf orientierte Unterstützungs- oder Therapieangebote zu vermitteln. Zusätzlich zu dem eigentlichen Beratungsangebot wurde ein Gruppenangebot in der Psychologischen Beratungsstelle in Günzburg etabliert, im Rahmen dessen Kinder betroffener Familien die Möglichkeit haben, im Wechsel mit gemeinsamen Freizeitaktivitäten über ihre Probleme zu sprechen.

Grund für die Einrichtung der Beratungsstelle an einer psychiatrischen Klinik ist die Tatsache, dass Eltern mit psychischen Erkrankungen oft erst zu spät Hilfen im Zusammenhang mit ihrer Erziehungsfähigkeit und den Problemen ihrer Kinder suchen. In Einrichtungen der Erwachsenenpsychiatrie können Eltern, die dort behandelt werden, direkt auf einen möglichen Unterstützungs- oder Beratungsbedarf im Hinblick auf Probleme mit ihrer Elternschaft erreicht werden. FIPS bietet sehr niederschwellige Kontaktmöglichkeiten an, die auch von den Angehörigen sowie auch von Personen, die nicht (mehr) in der Klinik behandelt werden, in Anspruch genommen werden können.

Sowohl Erst- als auch Folgekontakte werden gegebenenfalls als Hausbesuche angeboten. Die relevanten Familienmitglieder und deren Helfer werden in die Beratung miteinbezogen, vor allem werden die Kinder ihrem Alter entsprechend über ihre Einschätzung der Situation befragt. Nach den Interviews wird gemeinsam nach Möglichkeiten der Unterstützung gesucht, Begleitung zu Behörden wird angeboten, die eingeleiteten Hilfen werden auf Wirksamkeit und Effizienz überprüft.

Als grundlegend wichtige Neuerungen haben sich erwiesen: familiäre Psychoedukation, Fallkonferenzen mit den Betroffenen, Entlastung durch Gespräche über die Schuldgefühle der Eltern und Kinder, Etablierung von Hilfen über das Jugendamt, Vernetzung mit den Hilfeanbietern im Kinder- und Jugendbereich und der Erwachsenenpsychiatrie, Förderung der innerfamiliären Kommunikation, z.B. hinsichtlich der Erkrankung.

FIPS arbeitet derzeit mit einer halben Sozialpädagogenstelle. Im ersten Jahr nahmen insgesamt 33 Familien mit 66 Kindern die Angebote der Beratungsstelle in Anspruch. Die Ergebnisse einer qualitativen Post-hoc-Nachbefragung von 13 Personen deuten darauf hin, dass dieses Angebot einen wichtigen Beitrag zur Füllung einer bisher weitgehend ignorierten Versorgungslücke bildet. Momentan wird FIPS noch durch Spenden finanziert.

Susanne Kilian

Email: Susanne.Kilian@bkh-guenzburg.de

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