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DOI: 10.1055/s-2000-9525
Stellenwert der Lehre an den deutschen medizinischen Fakultäten
Publikationsverlauf
Publikationsdatum:
31. Dezember 2000 (online)


Grundproblematik und Fragestellung: Vor dem Hintergrund langjährig diskutierter Defizite in der akademischen Lehre war es Ziel unserer Untersuchung, die derzeitigen Aktivitäten der medizinischen Fakultäten in Sachen Lehre zu erfassen und einer weitergehenden Analyse zu unterziehen. Darüber hinaus sollten Anregungen für die Etablierung konsensfähiger Qualitätsindikatoren von Lehrleistungen gewonnen werden.
Datengrundlagen und Methodik: Im Rahmen einer schriftlichen Umfrageaktion wurden im März 2000 die Dekanate aller 37 deutschen medizinischen Fakultäten kontaktiert. Datengrundlage bildete ein EDV-gerechter, zehn Items umfassender Fragebogen, der sich aus drei Teilbereichen zusammensetzte. Teil I beinhaltete das Thema Lehrevaluation, Teil II und III den Stellenwert bzw. die konkrete Bewertung von Lehrleistungen in Habilitations- und Berufungsverfahren. Neben vorgegebenen alternativen Antworten (teilweise mit der Möglichkeit zu Mehrfachnennungen) bestand Raum für freie Kommentare. Die Auswertung der zurückgesandten Fragebögen erfolgte mit Mitteln der deskriptiven Statistik.
Ergebnisse: Der Fragebogen wurde von allen 37 medizinischen Fakultäten in auswertbarer Form beantwortet (Rücklaufquote: 100 %). 36 Fakultäten (97 %) hatten zum Umfragezeitpunkt bereits Lehrevaluationen durchgeführt. Lehrveranstaltungen der klinischen Studienabschnitte wurden dabei häufiger evaluiert als in der Vorklinik (97 % vs. 89 %). Die am weitesten verbreiteten Methoden waren die Befragung von Studierenden und die Bezugnahme auf die Ergebnisse der zentralen schriftlichen Prüfungen des Instituts für medizinische und pharmazeutischen Prüfungsfragen (IMPP). An mehr als jeder 2. Hochschule (57 %) wurde ein überdurchschnittliches Lehrengagement von Hochschullehrern in besonderer Weise (Ehrungen/Preise) gewürdigt. Lehrerfahrungen zählen an 31 Fakultäten (84 %) zu unabdingbaren Habilitationsvoraussetzungen, wobei differenzierte Vorgaben in der Regel fehlen. In Berufungsverfahren wurde an 27 Fakultäten (73 %) ausdrücklich auch die Lehrkompetenz der Bewerber berücksichtigt. Definierte Kriterien hinsichtlich der Bewertung von Lehrqualität lagen jedoch weitestgehend nicht vor.
Folgerungen: Lehrevaluationen können an den deutschen medizinischen Fakultäten heute als etabliert betrachtet werden. Die dabei eingesetzten Methoden und Modelle sind sehr heterogen. Darüber hinaus sind in den einzelnen Fakultäten zahlreiche Aktivitäten zur Verbesserung des Stellenwertes der akademischen Lehre zu verzeichnen. Trotz diverser postulierter Qualitätsindikatoren erscheint das zentrale Problem der Bewertung von Lehrleistungen weitgehend ungelöst.
Assessment of teaching standards at the faculties of medicine in Germany
Background and objectives: The aim of this study was to gather, against the background of a long-discussed deficit in academic teaching, data on the current activities of medical faculties with regard to teaching, and to analyse these findings. Another aim was to obtain suggestions for establishing a consensus on indicators that could be used to assess the quality of teaching.
Material and methods: In March 2000, a written inquiry was addressed to the deans of all 37 medical faculties in Germany. The questionnaire, arranged so that responses could be entered into a data-base, consisted of ten items in three parts. Part 1 concerned the evaluation of teaching, parts 2 and 3 dealt with the place of specific assessment of teaching in the process of choosing lecturers (»habilitation«) and appointing senior professors. In addition to providing alternative answers (in some instances, allowing a choice of several alternatives) there was also space for written comments. The answers were analysed by descriptive statistics
Results: All questionnaires were returned in a usable form (response rate 100%). 36 faculties had, at the time of receiving the questionnaire, already instituted teaching assessments, of clinical teaching sessions more often than preclinical ones (97% vs 89%) The most widespread method of assessment consisted of obtaining students’ opinion and of using the centralized written examinations of the Institute for Medical and Pharmaceutical Examination Questions. In more than half of the faculties (57%) an above-average teaching performance by teachers was acknowledged in special ways (honours/prizes). In 31 faculties (84%) teaching experience counted as an absolute prerequisite for obtaining a lectureship, but as a rule without employing any defined standards. With regard to the selection of senior professors, 27 faculties (73% ) explicitly took teaching competence into account. Defined criteria for assessing teaching ability were largely absent.
Conclusions: The assessment of teaching quality can be considered as well established at medical faculties in Germany. However, the methods and models used are highly heterogeneous. Furthermore, numerous activities exist in the various faculties to increase the importance attached to academic teaching. However, despite using diverse indicators of quality, the central problems for assessing teaching ability remain unsolved.