Dtsch Med Wochenschr 2000; 125(34/35): 1009
DOI: 10.1055/s-2000-7069
Pro & Contra
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© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Frühe Behandlung der IgA-Nephritis bei prognostischen Risikofaktoren  ist  indiziert

C. Barth
  • Klinik IV für Innere Medizin, Universität zu Köln
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Publication Date:
31 December 2000 (online)

 

Die IgA-Nephritis ist die häufigste Glomerulonephritis (GN). 20 Jahre nach Diagnosestellung sind 25- 50 % der Patienten dialysepflichtig. Daher ist ein therapeutischer Nihilismus gegenüber dieser Entität bei den vorliegenden Studien nicht länger zu vertreten, insbesondere mit verbesserter Definition von prognostischen Risikofaktoren. Eine über ein halbes Jahr persistierende Proteinurie von > 1 g/d, Kreatininwerterhöhung bei Diagnose besonders in Kombination mit Proteinurie, Hypertension, persistierende Mikrohämaturie, erhöhte C3-Spiegel, Alter und männliches Geschlecht  sowie die Schwere der histologischen Veränderungen (Scores) korrelieren mit einer ungünstigen Prognose. Folgende Substanzen wurden in der Behandlung der IgA-Nephritis eingesetzt:

Steroide. Pozzi et al. schlossen in eine prospektive, randomisierte Studie 86 Patienten mit einem Serumkreatininspiegel von 1,5 mg/dl und einer Proteinurie von 1- 3,5 g/d ein und therapierten nach einem Steroid-Puls-Konzept über 6 Monate  (1 g Methylprednisolon 3 Tage im Monat 1, 3, 5; 2 mg/kgKG pro Tag über 4 Wochen reduziert auf 0,5 mg/kgKG pro Tag). Der Beobachtungszeitraum betrug 5 Jahre [1]. Kein Patient in der Steroidgruppe wurde dialysepflichtig versus 9 % in der Kontrollgruppe. Bei anderen Patienten zeigten sich Erfolge nach 18 Monaten Steroidtherapie (40 mg/d für 4 Wochen; 30, 25, 20 mg/d für je 8 Wochen, 15 mg für 6 Monate, Dosisreduktion bis zum 18. Monat) in einer Patientengruppe mit geringerer Proteinurie nach 10 Jahren Follow-up - 20 % ESRD Steroide vs. 66 % Kontrollgruppe mit Dipyridamol. Patienten mit einer Clearance von <70 ml/min oder nur milden histologischen Veränderungen profitierten nicht von der Steroidtherapie. Steroide sind definitiv effektiv bei einer Proteinurie >1 g/d und einem Kreatininspiegel bis 1,5 mg/dl bzw. einer Kreatinin-Clearance von >70 ml/min.

Azathioprin.Eine retrospektive Studie verglich den Effekt von Steroiden plus Azathioprin bei leicht eingeschränkter Nierenfunktion, Proteinurie von 3,6 g/d und ausgeprägten histologischen Läsionen. Eine stabile Funktion wurde bei 79,5 % der immunsuppressiv behandelten vs. 36 % der nicht-behandelten Gruppe erreicht [2]. Ein ähnliches Ergebnis fand sich bei Kindern mit schweren histologischen Veränderungen bei normalem Kreatininwert. Die Ergänzung von Prednison um Azathioprin wird in einer prospektiven randomisierten Studie in Italien bei Patienten mit einem Kreatinin von ≤ 2 mg/dl untersucht.

Fischöl.Die Therapie mit 12 g Fischöl über 2 Jahre führt zu einem vergleichbaren Ergebnis wie die Steroidgabe über 6 Monate, wenn man den Endpunkt (50 % Kreatininwert-Anstieg) zugrunde legt. Betrachtet man die Dialysepflichtigkeit als Endpunkt, so liegt diese bei den mit Fischöl behandelten Patienten höher [3]. Der Unterschied des Effektes von Fischöl zu Steroiden wird in einer Multizenterstudie derzeit evaluiert.

Cyclosporin.Cyclosporin vermindert die Rekurrenzrate bei Transplantierten nicht (60 % nach 5- 8 Jahren). Der Vergleich der Azathioprin- mit der Cyclosporinära hat keine Verbesserung ergeben. Spekulativ bleibt, ob die Progredienz hinausgezögert wird.

Mycophenolat Mofetil.Ein Vergleich zwischen einer mit Azathioprin behandelten versus einer mit Mycophenolat Mofetil (MMF) behandelten Gruppe von transplantierten Patienten deutet wage auf eine geringere Rekurrenz der IgA-Nephritis in der MMF-Gruppe hin. Neben anekdotischen Berichten müssen kontrollierte Studien abgewartet werden.

Antikoagulanzien.Thrombose und Hyperkoaguabilität werden in der Pathogenese der GN diskutiert. Dipyridamol, Heparin, Warfarin und Acetylsalicylsäure wurden bei kleinen Patientenzahlen und zu kurzem Follow-up getestet. Ihre Kombination mit Cyclophosphamid und Kortison erzielten eine größere Wirkung als Antikoagulanzien allein.

Cyclophoshamid.Wegen hoher Toxizität und nicht eindeutiger Ergebnisse ist eine Therapie höchstens bei der rapid progressiven Form der IgA-Nephritis zu diskutieren.

Literatur

  • 1 Pozzi C, Bolasco P G, Fogazzi G B. et al. . Corticosteroids in IgA nephropathy: a randomized trial.  Lancet. 1999;  353 883-887
  • 2 Goumenos D, Ahuja M, Shortland J R, Brown C B. Can immunosuppressive drugs slow the progression of IgA nephropathy?.  Nephrol Dial Transplant. 1995;  10 1173-1181
  • 3 Donadio J V, Grande J P, Bergstrahl E J. et al. . The long-term outcome of patients with IgA nephropathy treated with fish oil in a controlled trial.  J Am Soc Nephrol. 1999;  10 1772-1777
  • 4 Glassock R J. The treatment of the IgA nephropathy: status at the end of the millenium.  J Nephrol. 1999;  12 288-296

Privatdozentin Dr. Claudia Barth

Klinik IV für Innere Medizin

Universitätsklinik Köln

Kerpener Str. 62

50 924 Köln

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