Laryngorhinootologie 2010; 89(1): 2-3
DOI: 10.1055/s-0030-1247173
Referiert und diskutiert

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart ˙ New York

Schwannome - Bevacizumab lässt vestibuläre Schwannome schrumpfen

Further Information

Publication History

Publication Date:
07 January 2010 (online)

 

Bilaterale vestibuläre Schwannome, die bei den meisten Betroffenen zu einem progressiven Hörverlust führen, sind ein Kennzeichen der Neurofibromatose Typ II. Da die Behandlungsmöglichkeiten begrenzt sind und eine medikamentöse Therapie nicht existiert, sind sichere und effektive Therapien gesucht. Einen neuen Ansatz verfolgt eine amerikanische Studie mit dem Einsatz des Angiogenesehemmers Bevacizumab. N Eng J Med 2009; 361: 358–367

In ihrer retrospektiven Studie beschrieben S. R. Plotkin und Kollegen zum einen den Behandlungsverlauf mit Bevacizumab bei 10 Patienten mit Neurofibromatose Typ II und untersuchten zum anderen das Expressionsmuster des endothelialen Wachstumsfaktors (VEGF) und 3 seiner Rezeptoren (VEGFR-2, Neuropilin-1, Neuropilin-2).

Für die Behandlung mit Bevacizumab wurden 6 Männer und 4 Frauen mit einem Durchschnittsalter von 25 Jahren ausgewählt. Sie erfüllten die klinischen, diagnostischen Kriterien einer Neurofibromatose Typ II, wiesen progressive vestibuläre Schwannome auf und waren keine Kandidaten für eine herkömmliche Therapie. Zu Beginn der Studie erfolgten eine Magnetresonanztomografie (MRT) und eine audiologische Untersuchung. Das Ansprechen auf die Therapie (Verringerung der Tumorgröße um mindestens 20%) stellte sich in klinischen Untersuchungen alle 2–3 Wochen und mittels MRT dar. Ein Ansprechen des Hörvermögens war hierbei als deutliche Verbesserung der Tonschwelle und des Worterkennungswerts definiert. Toxische Effekte und andere schwere Nebenwirkungen der Therapie wurden dokumentiert.

Die Patienten erhielten intravenös über einen Zeitraum von 2 Wochen 5mg/kg Körpergewicht Bevacizumab. Die durchschnittliche jährliche Tumorwachstumsrate betrug vor Therapiebeginn 62%. Im Rahmen der durchschnittlichen Behandlungsdauer von 12 Monaten verkleinerten sich 9 Tumoren, bei 6 Tumoren zeigte sich ein Ansprechen im MRT. Das Ansprechen hatte für 4 Patienten auch über den Nachbeobachtungszeitraum von 11–16 Monaten hinaus Bestand. Es konnte eine deutliche Korrelation zwischen Tumorverkleinerung und Veränderungen des Diffusionskoeffizienten der tumorassoziierten Blutgefäße gezeigt werden. So verringerten sich der Blutdurchfluss und die vaskuläre Permeabilität um 68%, das Blutvolumen im Tumor um 77%, die Tumordurchblutung um 51% und die durchschnittliche Blutgefäßgröße nahm nach 3 Monaten um 70% ab.

Von 7 Patienten, bei denen das Ansprechen der Therapie auf das Hörvermögen überprüft werden konnte, war bei 2 keine Änderung aufgetreten, 1 litt an progressivem Hörverlust. Vier Patienten sprachen auf die Behandlung an. Es traten weder Grad-3- oder 4-Nebenwirkungen auf noch setzte ein Patient die Therapie aufgrund von Nebenwirkungen ab.

    >