Klinische Neurophysiologie 1995; 26(4): 215-221
DOI: 10.1055/s-2008-1060235
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Evozierte Kohärenz des EEG: I. Mathematische Grundlagen und methodische Aspekte

Evoked coherence of EEG: I. Mathematical foundation and methodological aspectsH.-J. Volke
  • Institut für Humanbiologie und Biopsychologin der Technischen Universität Dresden
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Publication Date:
18 March 2008 (online)

Summary

Coherences of EEG, as sensitive indicators of the brain activity, find increasing interest in special literature. As a rule, however, these coherence values are calculated upon relatively large analysis intervals (from several seconds up to minutes) and reflect, this way, a general state of functioning rather than elementary operations of the brain. By contrast, the method proposed in this paper makes possible the recognition of short-lasting coherence phenomena within the context of CNS stimulus processing. For the purpose of distinction from „steady-state” coherences mentioned above, in analogy to evoked potentials, the terminus „evoked coherence” has been introduced.

In the frame of this method, the ongoing EEG is decomposed by time-varying spectral analysis into components of variable frequency and amplitude, which are in good accordance with the classical frequency bands δ, ϑ, α and β. Each of these frequency bands is fully represented by only one sinuidal oscillation. The component-related coherence values, then, are obtained by cross-correlation of corresponding components of different localization. Length and position of the post-stimulus analysis intervali are choosen with regard to the components period - e.g. from 1/2 to 21/2 mean wave lengthes after the stimulus onset. To eliminate random effects, these single-stimulus coherences will be averaged over a set of equal type stimuli.

For getting a data basis, a simple odd-ball-paradigm has been used. Seven healthy, right-handed subjects were asked to count deviant tones within a tone series. The EEG was led from 16 positions of the head surface (reduced 10:20-system).

Both for the target and standard tones, the results obtained show apperent enhancements of ϑ-coherences after stimuli between Pz and the temporal and the frontal regions of the cortex, compared with the resting condition. These effects were higher for the targets, which, additionally, caused higher intraparietal coherences in the δ-range. The results proved to be significant. Evoked coherences of ERG components seem to provide specific insights into the co-operation of different areas in specific stimulus processing of the brain.

Zusammenfassung

Kohärenzen des EEG finden in der Fachliteratur als Indikatoren der Hirntätigkeit zunehmendes Interesse. Jedoch werden sie in der Regel auf relativ großen Analyseintervallen (von mehreren Sekunden bis Minuten) berechnet und widerspiegeln demzufolge eher einen allgemeinen funktionellen Status als elementare Operationen des Hirns. Im Unterschied dazu ermöglicht die hier vorgeschlagene Methode die Erkennung kurzdauernder Kohärenzphänomene im Kontext der zentralnervösen Reizverarbeitung. Zur Abgrenzung gegenüber den oben genannten steady state-Kohärenzen wurde deshalb - in Analogie zum Begriff des evozierten Potentials - der Terminus „Evozierte Kohärenz” eingeführt.

Bei der vorgestellten Methode wird das EEG fortlaufend mittels zeitvariater Spektralanalyse in Komponenten variabler Frequenz und Amplitude zerlegt; diese stehen in guter Übereinstimmung mit den klassischen Frequenzbändern δ, ϑ, α und β. Ein jedes solches Frequenzband wird dabei vollständig durch nur eine sinuidale Oszillation repräsentiert. Die komponentenbezogenen Kohärenzwerte ergeben sich danach durch Kreuzkorrelation der sich entsprechenden Oszillationen unterschiedlicher Lokalisation. Länge und Position der reiznachgelagerten Analyseintervalle werden in Abhängigkeit von der mittleren Wellenlänge der betrachteten Komponente festgelegt - z.B. von 0,5-2,5 mittleren Perioden nach dem Reizeinsatz. Zur Elimination zufälliger Effekte werden diese einzelreizbezogenen Kohärenzen über eine Serie gleichartiger Reize gemittelt.

Zur Gewinnung einer Datenbasis wurde ein einfaches Oddball-Paradigma verwendet. Sieben gesunde, rechtshändige Probanden erhielten die Aufgabe, abweichende Töne innerhalb einer Tonserie zu zählen. Das EEG wurde von 16 Positionen der Schädeloberfläche abgeleitet (reduziertes 10:20-System).

Sowohl für die Standard-, wie auch für die Targettöne zeigten sich deutliche Erhöhungen hauptsächlich der ϑ-Kohärenzen im reiznachgelagerten Zeitbereich gegenüber der Ruhebedingung zwischen Pz und den temporalen sowie frontalen Bereichen. Im Vergleich zu den Standard-bewirkten die Targettöne eine Verstärkung der frontalen und okzipitalen Effekte sowie eine beträchtliche Erhöhung der intraparietalen Kohärenzen im δ-Bereich. Die reizbedingten Kohärenzänderungen erwiesen sich als signifikant. Evozierte Kohärenzen des EEG scheinen geeignet zu sein, Einsichten in die Kooperation von Hirnarealen bei spezifischen Reizverarbeitungsleistungen zu vermitteln.

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