Klinische Neurophysiologie 2000; 31(4): 224-232
DOI: 10.1055/s-2008-1060060
Originalia

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Langsame Augenfolgebewegungen und optokinetischer Reflex

Smooth Pursuit Eye Movements and Optokinetic NystagmusTh. Haarmeier, P. Thier
  • Abteilung für Kognitive Neurologie, Universität Tübingen
Further Information

Publication History

Publication Date:
18 March 2008 (online)

Summary

Smooth pursuit eye movements (SPEM) and the optokinetic nystagmus (OKN) improve our perception of visual objects by minimizing the motion of their retinal images. Optokinetic responses are elicited by large moving visual stimuli, which under natural conditions are nearly always the consequence of ego-motion. The OKN supplements the vestibulo-ocular reflexes, when trying to stabilize the retinal image of the world, which otherwise would slip as a consequence of ego-motion. The OKN is generated by brain stem structures and is present already in lower vertebrates. With the evolution of the fovea had come the need for eye movements which guaranteed the stabilization of the retinal image of single objects on the retinal area providing best spatial resolution. This led to the development of SPEM, which allow us to voluntarily track small moving objects of interest. SPEM are generated by an extended neural network encompassing several cortical areas, the pontine nuclei, parts of the cerebellum and brain stem structures. In humans, this system has largely replaced those functions offered by the phylogenetically older OKN.

Zusammenfassung

Langsame Augenfolgebewegungen (AFB) und der optokinetische Nystagmus (OKN) verbessern unsere Sehleistungen, in dem sie die retinalen Abbilder von Umweltdingen auf der Netzhaut des Betrachters stabilisieren. Optokinetische Antworten werden reflektorisch durch großflächige bewegte visuelle Reize ausgelöst, wie sie unter natürlichen Bedingungen eigentlich immer nur Folge von Eigenbewegung sind. Sie ergänzen die vestibulookulären Reflexe in ihrem Bemühen, die Bilder der Umwelt auf der Retina, die sonst durch Eigenbewegung verschmiert würden, zu stabilisieren. Der OKN wird in Hirnstammstrukturen generiert und ist bereits bei niederen Wirbeltieren anzutreffen. Mit der Evolution der Fovea wurden Augenbewegungen erforderlich, die eine kontinuierliche Platzierung des Netzhautbildes ausgewählter Objekte auf der Stelle des schärfsten Sehens ermöglichten. Diese Notwendigkeit führte zur Entwicklung der AFB, die uns erlauben, kleinen bewegten Objekten willkürlich mit den Augen zu folgen. Das System, das AFB generiert, stellt ein weit verzweigtes neuronales Netz dar, welches kortikale Areale, die Brückenkerne, Teile des Kleinhirns und Hirnstammstrukturen umfasst. Es hat beim Menschen das phylogenetisch ältere, optokinetische System funktionell weitgehend ersetzt.

    >