Klinische Neurophysiologie 2000; 31(3): 122-135
DOI: 10.1055/s-2008-1060051
Originalia

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Elektrophysiologische Diagnostik neuromuskulärer Übertragungsstörungen

Electrophysiological Diagnostics Neuromuscular Transmission DisordersC. Schneider, K. Reiners
  • Neurologische Klinik und Poliklinik der Bayerischen Julius-Maximilians-Universität (Direktor: Prof. Dr. K. V. Toyka), Würzburg
Further Information

Publication History

Publication Date:
18 March 2008 (online)

Summary

Disorders of neuromuscular transmission are well characterized by specific neurophysiological features. Repetitive nerve stimulation is used to disclose disease-related exaggerations of posttetanic potentiation or posttetanic exhaustion. While facilitation is best seen following high-frequency stimulation, exhaustion can most easily be detected after low frequency indirect muscle stimulation. High-frequency stimulation can be replaced by voluntary tetanization of the recording muscle without losing diagnostic efficiency. The amplitude increment found in presynaptic disorders such as Lambert-Eaton myasthenic syndrome is more specific than the decremental response seen in myasthenia gravis, congenital myasthenia and other less common disorders of the neuromuscular junction. For the generalized form of myasthenia gravis the diagnostic value of neurophysiological testing matches antiacetylcholine receptor antibody screening or pharmacological testing using choline esterase inhibitors. Autoimmune pre- and postsynaptic dysfunction with respective neurophysiological features may occur in the same individual. The most important technical aspects of neurophysiological testing relate to avoiding low temperature and insuring proper fixation of the recording electrodes as well as truly supramaximal stimulation.

Zusammenfassung

Die häufigsten Erkrankungen mit Störungen der neuromuskulären Erregungsübertragung lassen sich mit Hilfe der neurophysiologischen Funktionsdiagnostik gut charakterisieren. Ausgenutzt wird hierbei die Verdeutlichung der Übertragungsstörungen im Anschluss an eine wiederholte indirekte Nervenreizung des Ableitemuskels. Bei Patienten mit präsynaptischen Störungen lässt sich durch eine hochfrequente Reizung eine posttetanische Fazilitierung der Azetylcholin-Freisetzung erzielen und damit eine Normalisierung der initial erniedrigten Reizantwortamplitude darstellen. Der Ersatz der hochfrequenten Stimulationstetanisierung durch maximale Willkür wird von den Patienten besser toleriert und ist diagnostisch gleichwertig. Bei Patienten mit Myasthenie wird hingegen die posttetanische Erschöpfung diagnostisch genutzt, die sich ca. 2 Minuten nach niederfrequenter Stimulation besonders gut als Dekrement der Reizantwortamplitude nachweisen lässt. Die diagnostische Wertigkeit der Serienreizung bei der generalisierten Form dieser Erkrankung liegt in der Größenordnung der Azetylcholin-Rezeptor-Antikörper-Bestimmung und des pharmakologischen Tests mittels Azetylcholin-Esterase-Hemmer, ist jedoch niedriger bei der rein okulären Form. Ein Dekrement kommt auch bei Patienten mit präsynaptischer Funktionsstörung (z.B. Lambert-Eaton-Syndrom) vor. Kongenitale Myasthenien, Botulismus und Organophosphatintoxikationen haben charakteristische Befunde in der Funktionsdiagnostik. Wegen der autoimmunen Ursache können ein Lambert-Eaton-Syndrom und eine Myasthenia gravis mit jeweils typischen neurophysiologischen Merkmalen auch simultan vorkommen. Technisch sind Kontrolle der Temperatur, gute Elektrodenfixierung und Sicherstellung supramaximaler Reizstärken besonders wichtig für valide Untersuchungen.

    >