Klin Monbl Augenheilkd 1996; 208(1): 3-10
DOI: 10.1055/s-2008-1035160
Physiologische Studien

© 1996 F. Enke Verlag Stuttgart

Textursegmentierung und visuelle Suche: Entwicklung, Lernen und Plastizität*

Texture Segmentation and Visual Search: Development, Learning and PlasticityRuxandra Sireteanu, Regina Rettenbach
  • Max-Planck-Institut für Hirnforschung. Frankfurt/M.
* Vortrag gehalten anläßlich der Verleihung des „Bielschowsky”-Preises bei der Tagung der Ophthalmologischen Gesellschaft, September 1994
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Publication History

Manuskript eingereicht am 01.09.1995

in der vorliegenden Form angenommen

Publication Date:
08 February 2008 (online)

Zusammenfassung

Hintergrund Die Fähigkeiten, zusammenhängende Flächen aus einem Hintergrund zu segmentieren (Textursegmentierung) und einzelne diskrepante Elemente aus einer komplexen visuellen Szene zu lokalisieren (visuelle Suche) werden in der Literatur häufig auf einer relativ niedrigen kortikalen Verarbeitungsebene angesiedelt.

Fragestellungen Sind Textursegmentierung und visuelle Suche anhand verschiedener Merkmale angeboren oder werden sie erlernt? Können sich diese Fähigkeiten im Erwachsenenalter durch Lernen verbessern? Führt gestörte frühe visuelle Erfahrung (Strabismus. Amblyopie) zu einer verminderten Fähigkeit zur Textursegmentierung bzw. visuellen Suche?

Ergebnisse Die Fähigkeit zur Textursegmentierung und visuellen Suche durchläuft eine Entwicklung, die bis zum Erwachsenenalter andauert. Auch im Erwachsenenalter können diese Fähigkeiten durch Lernen noch verbessert werden. Die Lerneffekte sind anhaltend, aber nicht spezifisch: Lernen kann von einer Aufgabe zu einer anderen, sowie zwischen den beiden Augen eines Probanden (einschließlich der beiden Augen von stereoblinden Schielamblyopen) transferiert werden.

Diskussion Aus der fehlenden Spezifizität läßt sich schließen, dass nicht die spezifischen Merkmale einer visuellen Szene, sondern eine Suchstrategie erlernt wird. Das von uns untersuchte Lernen findet wahrscheinlich auf einer sehr hohen kortikalen Verarbeitungsebene statt. Klin

Summary

Background The abilities to segment coherent surfaces out of a discrepant background (texture segmentation) and to localize single objects out of a complex scene (visual search) are believed to occur at a peripheral level in the cortical visual pathway.

Aim of the study Are texture segmentation and visual search innate or acquired? Can these abilities be improved in adulthood by learning? Does a disturbed early visual experience (strabismus, amblyopia) lead to a reduction of these abilities?

Results Texture segmentation and visual search undergo a protracted development which continues well into adulthood. Even in adult observers, these abilities can be improved with practice. Learning is enduring, but not specific: It can be transferred from one task to another and between the two eyes of a given subject (including the two eyes of stereoblind subjects).

Discussion We conclude that learning of texture segmentation and visual search does not involve the specific features of a visual scene, but rather reflects an improved strategy of localizing visual objects in a cluttered environment. This type of learning probably occurs at a very high level of cortical processing.

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