Klin Monbl Augenheilkd 2008; 225(10): 890-891
DOI: 10.1055/s-2008-1027714
Der interessante Fall

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Ästhesioneuroblastom: Lidschwellung als Erstsymptom eines seltenen Nasentumors

Esthesioneuroblastoma: Lidswelling as a Primary Symptom of a Nasal TumorM. N. von Bülow, J. Caselitz, K. Rieckhoff, T. Grundmann, U. Schaudig
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Publication History

Eingegangen: 23.4.2008

Angenommen: 10.7.2008

Publication Date:
24 October 2008 (online)

Kasuistik

Auf der Tagung der Deutschsprachigen Ophthalmopathologen im September 2007 in Würzburg stellten wir den Fall eines 67-jährigen männlichen Patienten vor, der im Rahmen unserer Sprechstunde über eine seit zwei Monaten bestehende „Augengeschwulst” am rechten Auge klagte. Wegen eines längeren Auslandsaufenthaltes sei es zu einer verzögerten ärztlichen Konsultation gekommen. Bei der Untersuchung fiel eine teigige Oberlidschwellung, eine Protrusio bulbi von 2 mm sowie eine Motilitätseinschränkung nach nasal-superior auf. Der Visus betrug rechts 0,6 und links bei Amblyopie 0,1, wohl aufgrund derer der Patient trotz der rechtsseitig erheblich eingeschränkten Motilität nicht über eine Diplopie klagte. Der intraokulare Druck war im Normbereich. Zur weiteren Abklärung wurde zunächst eine Bildgebung mit CT und 48 Stunden später auch mit MRT veranlasst. Zur Darstellung kam eine max. 44 mm durchmessende Raumforderung im Bereich der rechten Nasenhaupthöhle und der Orbita mit Destruktion des Sinus frontalis, des Orbitadaches und der vorderen Ethmoidalzellen. Der Bulbus war nach lateral verdrängt und die rechte Großhirnhemisphäre bei Duradurchbruch leicht angehoben ([Abb. 1]).

Abb. 1 a, b Eindrucksvolle Darstellung des Tumors im koronaren und transversalen MRT-Schnitt.

Die über eine transkutane anteriore Orbitotomie durchgeführte Biopsie erlaubte die Diagnose eines hochmalignen Tumors mit niedriger Differenzierung, ohne dass eine eindeutige Klassifikation möglich war. In Zusammenarbeit mit den HNO- und Neurochirurgiekollegen führten wir über einen transfrontalen Zugang eine Tumorresektion unter Bulbuserhalt und eine Rekonstruktion des Orbitadaches durch ([Abb. 2]).

Abb. 2 OP-Situs der Rekonstruktion des Orbitadaches mit Galea-Periost ummanteltem Tabula-interna-Deckel.

Das gewonnene Material wurde erneut in die Pathologie gesandt. Histologisch zeigte sich eine maligne und niedrig differenzierte Geschwulst mit kleinen Zellverbänden, welche sich zu alveolären Formationen anordneten und zarte Zytoplasmosäume aufwiesen. In der Immunhistochemie fanden sich Hinweise auf einen neuroendokrinen Ursprung, sodass unter Berücksichtigung der Klinik die Diagnose eines Ästhesioneuroblastoms gestellt werden konnte. Der Patient wurde postoperativ einer stereotaktisch geführten Photonenbestrahlung (6 MV) der Nasennebenhöhlen und der Orbita rechts mit einer Gesamtdosis von 60 Gy unterzogen. Zusätzlich wurde ein chemotherapeutischer Zyklus mit Cisplatin und Etoposid vor und drei weitere nach der Radiatio durchgeführt. Bei der Kontrolluntersuchung sechs Monate post-OP war der Visus des beschwerdefreien Patienten auf 0,8 angestiegen. Die radiologische Kontrolle ergab keinen Anhalt für ein Residuum oder Metastasen.

Literatur

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Dr. Maximilian Niko von Bülow

Augenheilkunde, AK Barmbek

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