Krankenhaushygiene up2date 2008; 3(2): 101-119
DOI: 10.1055/s-2007-995719
Hygienemaßnahmen

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Sinnvolle Hygiene im Rettungswesen

Brigitte  Finsterer, Thomas  Fiebig
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Publication Date:
19 June 2008 (online)

Kernaussagen

Gesetzliche Vorgaben:

  • Maßnahmenkataloge und Richtlinien, die die Hygiene im Rettungsdienst regeln, findet man auf allen Ebenen, diese sind aber zum Teil widersprüchlich, unüberschaubar, manches Mal auch interessenbestimmt.

  • Die rechtlichen Grundlagen für den Rettungsdienst sind in länderspezifischen Gesetzen festgelegt, die Infektionsprävention aber unzureichend berücksichtigt.

  • Außer in der TRBA 250 [7] und in der KRINKO-Empfehlung wird der Rettungsdienst in Hygienerichtlinien und -bestimmungen nicht explizit erwähnt.

Ausbildung:

  • In der gesetzlich geregelten Ausbildung zum Rettungssanitäter mit 520 Stunden Mindestausbildung sind lediglich vier Stunden Hygiene- und Desinfektionsunterricht enthalten, in der zum Rettungsassistenten mit 1200 Stunden Mindestausbildung sind acht Stunden Hygieneunterricht eingeplant.

Infektionsrisiko:

  • Das Rettungsdienstpersonal kommt in seiner täglichen Arbeit meist in nicht voraussehbare Situationen. Der Infektionsstatus des Patienten ist nur in seltenen Ausnahmen bekannt. Bei Drogenabhängigen und alkoholisierten Patienten besteht ob ihrer Unberechenbarkeit ein erhöhtes Infektionsrisiko. Die Örtlichkeit ist eine ganz andere als in der Klinik, hier gibt es keine großzügigen, nach hygienischen Gesichtspunkten ausgestattete Räume mit den zugehörigen Ausrüstungen, sondern meist enge, oft schmutzige Räumlichkeiten mit schlechtem Licht und wenig geeigneter Ablagefläche. Bei Einsätzen im Freien muss bei jedem Wetter, zu jeder Tageszeit gearbeitet werden.

Basishygiene:

  • Da das Infektionsrisiko für den Rettungsdienstmitarbeiter meist unbekannt ist, muss hier besondere Aufmerksamkeit auf die Einhaltung der Basishygiene gelegt werden. Zur Basishygiene zählen unter anderem Händewaschen vor Dienstbeginn und nach Dienstende, eine hygienische Händedesinfektion, benutzen von Einmalhandschuhen, Flächendesinfektion nach Kontamination, Aufbereitung von Geräten und Mehrwegartikeln.

Fachpersonal:

  • In den Dienstanweisungen der Rettungsverbände ist seit Jahrzehnten lediglich der Desinfektor als Fachberater vorgesehen. Die Inhalte der Desinfektorenausbildung, die 130 Stunden à 45 Minuten beträgt, beziehen sich aber eher auf Einsatzgebiete wie zum Beispiel Gesundheitsämter, Veterinäruntersuchungsämter, Tierheime, Tierkörperbeseitungsanstalten und Schlachthöfe.

  • Wünschenswert wäre Personal, das Rettungsdiensterfahrung hat und gleichzeitig eine Ausbildung zur Hygienefachkraft vorweisen kann, dies ist aber bislang extrem selten.

  • Hilfestellung kann hier die Weiterbildung zum „Hygienebeauftragten im Rettungsdienst” schaffen, die bereits angeboten wird. Ein problemorientiertes Ausbildungscurriculum ist dringend erforderlich!

Ausstattung von Wache und Fuhrpark:

  • Die hygienerelevante Ausstattung von Räumen und Fahrzeugen sollte durch Länderübergreifende Richtlinien und Bestimmungen einheitlich geregelt werden.

Literatur

  • 1 Rettungsdienstgesetz-RDG § 2 RDG. Mecklenburg-Vorpommern; 1993, geändert 29.05.1998
  • 2 Bayerisches Rettungsdienstgesetz-BayRDG. Bayerisches Gesetz zur Regelung von Notfallrettung, Krankentransport und Rettungsdienst; in der Fassung der Bekanntmachung vom 08. Januar 1998. 
  • 3 Thüringer Rettungsdienstgesetz-ThürRettG. § 15 Gegenstand, Voraussetzungen und Umfang der Genehmigung; vom 22. Dezember 1992; GVBl. S. 609. 
  • 4 Hessisches Rettungsdienstgesetz 1998. § 4 Rettungsdienst-Betriebsverordnung; vom 03.05.2000. 
  • 5 Infektionsschutzgesetz-IfSG. Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen. Artikel 1. Gesetz v. 20. 7. 2000 I 1045 (SeuchRNeuG)
  • 6 Berufsgenossenschaftliche Regeln für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit. Benutzung von Schutzkleidung. 6. BGR 189. Carl Heymanns Verlag, Köln; April 1994, aktualisierte Nachdruckfassung Oktober 2004
  • 7 Technische Regeln für Biologische Arbeitsstoffe 250. Ausgabe: November 2003, Änderung und Ergänzung Juli 2006 (Bundesarbeitsblatt 7 - 2006, S. 193), Ergänzung April 2007. 
  • 8 Gemeinsames Ministerialblatt Nr. 35 v. 27 Juli 2007. S. 720 Anforderung der Hygiene an den Krankentransport einschließlich Rettungstransport in Krankenkraftwagen Anlage zu Ziffer 4.5.3 der „Richtlinie für die Erkennung, Verhütung und Bekämpfung von Krankenhausinfektionen”.  Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung -Gesundheitsschutz. 1989;  32 169-170
  • 9 Hygieneplan für den Rettungsdienst der Landeshauptstadt Düsseldorf, Stand 23.07.2007. http://www.düsseldorf.de/feuerwehr/pdf/rett/hygieneplan 12. 2 - 28. 12.2 007
  • 10 Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention am Robert Koch-Institut . Empfehlung zur Prävention und Kontrolle von Methicillinresistenten Staphylococcus aureus-Stämmen in Krankenhäusern und anderen medizinischen Einrichtungen.  Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz. 1999;  42 954-958
  • 11 11. Desinfektionsmittelliste des VAH (Verbund für angewandte Hygiene) in aktueller Fassung. mhp-Verlag, Wiesbaden; 1. 1. 2008
  • 12 12. Liste der vom Robert Koch-Institut geprüften und anerkannten Desinfektionsmittel und -verfahren.  Stand 31. 5. 2007 (15. Ausgabe)
  • 13 Arbeitsstättenverordnung vom 12. August 2004 (BGBl. I S. 2179), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 20. Juli 2007 (BGBl. I S. 1595). 
  • 14 Anforderungen der Hygiene an Aufenthalts- und Umkleideräume. Anlage zu Ziffer 4.2.1 der „Richtlinie zur Erkennung, Verhütung und Bekämpfung von Krankenhausinfektionen”, RKI, Richtlinien Krankenhaushygiene, Lieferung 9, Dezember 1988. 
  • 15 Verordnung über das Errichten, Betreiben und Anwenden von Medizinprodukten. In der Fassung der Bekanntmachung vom 21 August 2002 (BGBl. IS. 3396), geändert durch Artikel 386 der Verordnung vom 31. Oktober 2006 (BGBl. IS. 2407). 
  • 16 Anforderung der Krankenhaushygiene an Schutzkleidung, BGBl. 28 (1985) 185 - 186. Anforderungen der Hygiene und des Arbeitsschutzes an die Hygienebekleidung und persönliche Schutzausrüstung.  Epidemiologisches Bulletin. 2007;  1 3-4
  • 17 Technische Regeln für Biologische Arbeitsstoffe 500, 5.3.  1999
  • 18 Technische Regeln für Biologische Arbeitsstoffe 250. Ausgabe: November 2003, Änderung und Ergänzung Juli 2006 (Bundesarbeitsblatt 7 - 2006, S. 193), Ergänzung § 4, April 2007. 
  • 19 Gesetzliche Unfallversicherung-GUV. V A1 § 29 . 2004
  • 20 RKI .20. Richtlinie Krankenhaushygiene Elsevier. Anforderungen der Hygiene an die Wäsche aus Einrichtungen des Gesundheitsdienstes, die Wäscherei und den Waschvorgang und Bedingungen für die Vergabe von Wäsche an gewerbliche Wäschereien. Anlage zu den Ziffern 4.4.3 und 6.4 der „Richtlinie für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention. Bundesgesundheitsblatt 7/1995, - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz, Urban & Fischer, München; 1996

Brigitte Finsterer

Institut für Klinikhygiene, med. Mikrobiologie und klin. Infektiologie
Klinikum Nürnberg

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