Notfall & Hausarztmedizin 2007; 33(8/09): 407
DOI: 10.1055/s-2007-991619
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© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Warum das Thema „Akute Infektionen des Respirationstrakts”?

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Publication Date:
01 October 2007 (online)

Die Lunge hat zwei Eigenschaften, die entzündlichen Krankheiten den Weg bereiten beziehungsweise in besonderer Art bei Infektionen bedrohlich werden können: Über die Atemwege stellt die Lunge eine Eintrittspforte für alles dar, was in der Luft schwebt - und damit natürlich auch für alle möglichen Krankheitserreger. Andererseits besitzt die Lunge eine riesige Oberfläche, sodass bei alveolären Infektionen häufig eine massive Auseinandersetzung des Körpers mit der jeweiligen Infektion stattfindet.

Ein typisches Beispiel ist die Pneumonie: Eine häufig hochfieberhafte und durch den behinderten Gasaustausch eine bedrohliche Krankheit. Der Artikel von Prof. Welte beschreibt in eindrücklicher Weise, dass es nach den heutigen Leitlinien relativ einfach ist, die Entscheidung zu treffen, wann eine stationäre Einweisung notwendig ist; es sind klinische Parameter, die bei jedem Hausbesuch einfach zu erheben sind und eine gute Risikoabschätzung erlauben. Auch ist die Therapie der ambulant erworbenen Pneumonie inzwischen gut standardisiert. Durch Umsetzung der neuen Leitlinien kann die Entwicklung von Resistenzen der Krankheitserreger vermindert werden.

Zudem haben wir das Leitsymptom „Fieber” nochmals aufgegriffen. Fieber ist ein relativ unspezifisches Symptom und erfordert deswegen verschiedentlich ein recht komplexes differenzialdiagnostisches Programm, das in dem Beitrag von Prof. Kern beschrieben wird. Auf jeden Fall sollte nicht eine sogenannte „empirische” Antibiotika-Gabe erfolgen, wodurch unnötig Nebenwirkungen riskiert und eventuell die eigentliche Diagnose verschleiert wird. Das Procalcitonin ist ein recht guter Laborwert für Infektionen, allerdings ebenfalls nicht ganz spezifisch. Zurzeit ist dies auch noch recht teuer, wird aber auf längere Sicht das CRP wohl ablösen.

Die chronisch obstruktive Bronchitis (häufig auch unter dem Begriff der COPD zusammengefasst) ist eine sehr häufige Krankheit, die besonders durch Exazerbationen gekennzeichnet ist. Solche Exazerbationen beeinträchtigen nicht nur das persönliche Befinden des chronisch Kranken, sie beeinflussen auch in wesentlichem Maße den Langzeitverlauf. Auch wenn häufig zunächst Viren für die Exazerbation verantwortlich sind, spielen Antibiotika eine wichtige Rolle, unter anderem auch weil sich häufig sekundär bakterielle Entzündungen bilden. Achtet man darauf, ob sich eitriges Sputum entwickelt, dann hat man einen guten Parameter für die Notwendigkeit einer Antibiose.

Eine besonders interessante und auch hochaktuelle Problematik hat Herr Prof. Schaberg thematisiert. Es sind nicht nur die aviären Viren wie zum Beispiel H5N1 oder etwa SARS wichtig. Diese bekommen zwar in der Öffentlichkeit eine große Aufmerksamkeit, sind aber sonst bisher weniger bedeutend. Es wird häufig nicht realisiert, dass in unserem Land jedes Jahr 10000 bis maximal sogar 20000 Menschen an Grippe sterben. Viren zeichnen sich durch eine hohe Variabilität aus, die es unserem Immunsystem so schwer macht, sich darauf einzustellen. Diese Variabilität ist auch der Grund für die Besorgnis, dass sich eventuell doch eine sehr gefährliche Spezies entwickeln kann. Alle Spezialisten rechnen in absehbarer Zeit wieder mit einer Pandemie. Ganz entscheidend ist die vorbeugende Grippe-Schutzimpfung, die in unserem Land noch lange nicht in befriedigendem Maße von der Bevölkerung angenommen und vielleicht auch von uns Ärzten zu wenig proklamiert wird.

Der Schwerpunkt in diesem Heft beleuchtet einerseits wieder den Fortschritt der Medizin, ist andererseits aber auch sehr dazu angetan, die medizinische Versorgung unserer Patienten zu verbessern. Er ist aber auch deswegen wichtig, weil sich durch den sinnvollen Einsatz von Diagnostik und Therapie Ressourcen einsparen lassen, die uns dann für wichtige andere Bereiche im Gesundheitswesen zur Verfügung stehen.

Prof. Dr. Rainer Dierkesmann

Stuttgart

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