Diabetes aktuell 2007; 5(3): 91
DOI: 10.1055/s-2007-986443
Editorial

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Diabetes mit Gefühl oder die Last mit der Lust

Antje Bergmann, Peter E. H. Schwarz
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Publication Date:
23 August 2007 (online)

Viele Diabetiker haben sexuelle Probleme, die den Menschen mit Diabetes selbst und seine Partnerschaft erheblich belasten können. Trotz der geradezu überall präsenten Diskussion um Sexualität in der Medienlandschaft werden sexuelle Probleme bei chronisch kranken Patienten ausgespart und tabuisiert. Diabetiker können durchaus ein langes und glückliches Sexualleben haben. Bei Problemen gibt es bereits seit einiger Zeit geeignete Behandlungen, und diese führen häufig zu befriedigenden Ergebnissen (im doppelten Sinne).

Um Sexualität befriedigend erleben und genießen zu können, sind neben einer guten Paarbeziehung, einem ausgeglichenen Seelenleben und einer entspannten und anregenden Situation auch funktionsfähige Nerven, Blutgefäße und Geschlechtsorgane erforderlich. Gerade eine chronische Krankheit wie der Diabetes mellitus kann an vielen Stellen das empfindliche Zusammenspiel dieser Faktoren der Sexualität beeinträchtigen. Die psychische Belastung durch eine chronische Krankheit, die eingeschränkte körperliche Belastbarkeit, Nebenwirkungen von Medikamenten und Veränderungen an Blutgefäßen und Nerven sind mögliche Störfaktoren.

Ungefähr jeder 2. Mann mit Diabetes im mittleren Lebensalter leidet unter sexuellen Störungen. Das ist mehr als doppelt so häufig wie im Bevölkerungsdurchschnitt. Häufig handelt es sich dabei um die sogenannte erektile Dysfunktion. Zu Ursachen, Diagnostik und Therapieoptionen gibt der Artikel von Frank Merfort Auskunft. Die erektile Dysfunktion ist eine ernstzunehmende Erkrankung, keine bloße Befindlichkeitsstörung. Für welche Art von Therapie (M)man(n) sich entscheidet ist in großem Maße abhängig vom Partner. „Eine Therapie, die von der Partnerin nicht akzeptiert wird, ist von vornherein zum Scheitern verurteilt.”, schreibt Frank Merfort.

Ein weiterer Aspekt ist die Schwangerschaft bei diabetischen Frauen. Diabetikerinnen mit Kinderwunsch stehen vor einer besonderen Herausforderung, denn Schwangerschaften bei vorbestehendem Diabetes mellitus sind mit einer Gefährdung für die Mutter, insbesondere jedoch mit einem erhöhten Morbiditäts- bzw. Mortalitätsrisiko für den Feten und das Neugeborene verbunden. Die Häufigkeit von Schwangerschaften bei Diabetikern beträgt in Deutschland 0,8 %, mit einem zunehmenden Anteil der Typ-2-Diabetikerinnen. Im Vergleich zu nicht diabetischen Schwangerschaften besteht ein drei- bis vierfach höheres kongenitales Fehlbildungsrisiko. Die perinatale Mortalität ist viermal so hoch wie der nicht diabetischen Mütter.

Es ist daher ganz besonders wichtig, auf eine gute Blutzuckereinstellung frühzeitig (am besten präkonzeptionell) zu achten und diese optimale Einstellung während der gesamten Schwangerschaft beizubehalten. Das Zusammenspiel der Behandler ist dabei wichtig - durch eine verbesserte internistisch/diabetologische, geburtshilfliche und neonatologische Betreuung konnte die Komplikationsrate in den vergangenen Jahrzehnten erheblich gesenkt werden.

Neben der Sexualität und gerade auch in diesem Heft (Sexualität und Prävention gehören zusammen) steht die Prävention des Diabetes Typ 2 im Mittelpunkt. Diesmal gehen wir dazu auf die Ernährung und wissenschaftliche und praktische Aspekte der Rolle von Ballaststoffen und Fetten in der Prävention des Diabetes ein. Ziel der Prävention des Diabetes mellitus Typ 2 ist es, Ernährungsfaktoren zu identifizieren, welche effektiv in der Bevölkerung umgesetzt werden können. Eine fettarme Ernährungsweise mit einer Ballaststoffaufnahme von mehr als 30 g pro Tag stellt dabei ein effektives Mittel dar. Verschiede Studien zum Fettgehalt der Nahrung und einer möglichen Diabetesprävention sind nicht eindeutig und bilden einen möglichen Einfluss des Fettsäuremusters auf die Prävention nur mangelhaft ab. Die aktuellen Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) sollten eingehalten werden.

Sexualität und Prävention - das sind zwei nicht voneinander zu trennende Bereiche des menschlichen Lebens. Ein kurzes Zitat von Jeanne Moreau am Schluss: „Sex in längerer Verbindung ist die Kunst, Reprisen immer wieder wie Premieren erscheinen zu lassen.”

In diesem Sinne, angenehme und neue Einblicke.

Dr. med. Antje Bergmann

Dr. med. Peter E. H. Schwarz

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