Dialyse aktuell 2007; 11(2): 3
DOI: 10.1055/s-2007-983924
Editorial

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Aufklärungsarbeit trägt zwar erste Früchte, doch noch nicht genug!

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Publication Date:
06 June 2007 (online)

Anlässlich des Weltnierentags am 8. März dieses Jahres hat sich die weltweit größte Nierenorganisation, die „International Federation of Kidney Foundations” (IFKF), mit der Frage „Are your kidneys ok?” an die Öffentlichkeit gewandt. Dem Aufruf, sich an der internationalen Aufklärungskampagne zu beteiligen, folgte auch die deutsche Gesellschaft für Nephrologie (GfN). Deutschlandweit liegen nun in 2000 Apotheken Informationsbroschüren aus, die sich dem Thema „Prävention von Nierenerkrankungen” widmen. Auch von der Homepage der GfN kann dieses Faltblatt heruntergeladen werden.

Die Gefahr des schleichenden Nierenfunktionsverlusts wird derzeit noch immer unterschätzt - Nierenerkrankungen werden schlicht viel zu spät erkannt und bleiben viel zu oft unbehandelt. Dabei kostet ein Urintest zur Detektion einer Mikroalbuminurie weder viel Zeit noch viel Geld. Zumindest für Hochrisikopatienten wie Diabetiker und Hypertoniker müsse die Früherkennung verbindlich sein, fordert Prof. Jan Galle, Lüdenscheid. Der Repräsentant der Deutschen Nierenstiftung Prof. Reinhard Fünfstück, Weimar, geht sogar noch weiter. Auf der letztjährigen Nierenwoche forderte er, bei dem sogenannten „Zwei-Jahres-Check”, den die Krankenkassen ihren Mitgliedern ab dem 35. Lebensjahr erstatten, nicht nur eine Blutbildanalyse, sondern unbedingt auch einen Urintest durchzuführen.

Dass es brennt, zeigen die Daten der letzten Jahre: Befanden sich 1995 etwa 41350 Patienten in einer Dialysebehandlung, waren es 2004 bereits 60992, wie die Zeitschrift „Der Nephrologe” in seiner ersten Ausgabe dieses Jahres berichtet. Damit hat sich die Zahl der Dialysepatienten um 19642 erhöht, was einem Anstieg von knapp 48 % entspricht. Ähnlich sieht es bei den Neuerkrankungen aus: 1995 wurden 11731 Patienten neu in Dialyseverfahren aufgenommen, im Jahr 2004 waren es bereits 16027, auch das ist ein Anstieg von über 35 %. Und ein Ende dieser Entwicklung ist derzeit noch nicht abzusehen.

Doch nicht nur das Screening von Risikopatienten erfolgt zu selten, obwohl eine konsequente multifaktorielle Behandlung der Patienten dazu beitragen könnte, die Veränderungen aufzuhalten oder zumindest zu verzögern. Sogar eine Regression der Erkrankung scheint im Bereich des Möglichen zu liegen. Die Überweisung zum Nephrologen erfolgt ebenfalls häufig - wenn überhaupt - viel zu spät. Therapeutischer Nihilismus ist hier ganz sicher fehl am Platz. Die Prognose der Betroffenen ist umso besser, je konsequenter die multifaktorielle Therapie erfolgt und je früher ein Nephrologe in die Behandlung mit eingebunden wird - das belegen die Ergebnisse der einschlägigen Studien ganz klar.

Wenn es also noch viel Aufklärungsarbeit zu leisten gibt, nicht nur bei den Patienten, sondern auch bei den behandelnden Ärzten, so hat zumindest die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO) Positives zu vermelden: Die Bereitschaft zur Organspende wächst. Immerhin haben bundesweit 1259 Menschen nach ihrem Tod ihre Organe zur Transplantation freigegeben, das sind 3,2 % mehr als im letzten Jahr. Daher war es möglich, die Anzahl der durchgeführten Nierentransplantationen von 2190 im Jahr 2005 auf 2254 zu erhöhen, ein neuer Höchststand und sicherlich ein Erfolg der geleisteten Aufklärungsarbeit. Doch berücksichtigt man die enorme Zunahme an Dialysepatienten ist dieser Anstieg eher ein Tropfen auf den heißen Stein. Noch immer warten in Deutschland rund 9000 Dialysepatienten auf eine Nierentransplantation, die durchschnittliche Wartezeit beträgt laut Angaben der DSO etwa fünf Jahre. Ein Nachlassen in unserer Aufklärungstätigkeit können wir uns also ganz sicher nicht leisten!

Stephanie Schikora

Stuttgart

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