Notfall & Hausarztmedizin 2007; 33(4): 180
DOI: 10.1055/s-2007-982774
Praxismanagement

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Attraktive Selektivverträge für Haus- und Fachärzte - Die Zukunft der KV außerhalb der Kollektivverträge

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Publication Date:
29 May 2007 (online)

Mit dem Gesundheitsmodernisierungsgesetz (GMG) wurde das Vertragsmonopol der Kassenärztlichen Vereinigungen durchbrochen. Die Einzelverträge haben inzwischen den Markteintritt geschafft. Wehklagen hilft nicht weiter, findet Bayerns KV-Vorsitzender Dr. Axel Munte. Die KV muss sich den veränderten Bedingungen anpassen, wenn sie überleben will.

Einzelverträge als „Einstieg in den Ausstieg” aus dem KV-System

Auf dem Bayerischen Fachärztetreffen Ende Februar bezeichnete Munte die Einzelverträge als „Einstieg in den Ausstieg” aus dem KV-System in Deutschland. Bereits jetzt gibt es rund 3500 Einzelverträge zwischen Kassen und Ärzten, und ihre Zahl steigt stetig an. Dass das Vertragsmonopol der KVen gebrochen ist, findet der KV-Funktionär gut, denn „Monopolisten gehen unter”. Durch das GKV-WSG werden die Vertragsmöglichkeiten außerhalb der KVen noch erweitert.

Die Krankenkassen erhalten Anreize, Selektivverträge abzuschließen: Die Gesamtvergütung wird bei den Selektivverträgen bereinigt. Die Anschubfinanzierung für die Integrierte Versorgung wird bis 2008 verlängert. Verträge zur Hausarzt-zentrierten Versorgung nach

§ 73 b SGB V werden verpflichtend für jede Krankenkasse. Ein Verhandlungsmandat einzelner regionaler Krankenkassen im Kollektivvertrag entfällt durch den Gesundheitsfonds und die Bundes-Gebührenordnung.

KBV will ihren Einfluss auf Selektivverträge verstärken

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) ist durch die politische Entwicklung in eine schwierige Situation geraten, erklärte Munte. Auf Bundesebene entsteht in Deutschland eine kontrollierte Staatsmedizin noch dem Vorbild des britischen National Health Service. Die KBV ist ein Teil dieser Staatsmedizin. Der KBV-Vorsitzende Dr. Andreas Köhler hat angekündigt, dass die KBV ihren Einfluss auf die Selektivverträge verstärken will. Sie hat deshalb den Plan einer KBV-Consult entwickelt, mit der sie in das Vertragsgeschäft außerhalb der Kollektivverträge einsteigen will.

Für Munte ist das ein Schreckensbild, das er strikt ablehnt: „Die Staatsmedizin möchte einen Teil der Vertragshoheit übernehmen und die der Länder-KVen einschränken.” Er betonte, dass die Bundesrepublik ein föderativer Staat sei und der Föderalismus dem System durchaus gut tue. Die KV Bayerns sei auf keinen Fall bereit, in eine KBV-Consult einzusteigen. Eine bundesweit agierende KBV-Consult würde sich beim Vertragsabschluss am Bundesdurchschnitt orientieren, und das sei für Bayern keine Option, sondern ein Verlustgeschäft. Zwar stehe die KVB bei der Zahl der Vertragsabschlüsse nur an fünfter Stelle, bei der Vergütung jedoch auf dem ersten Platz. Den möchte sie nicht hergeben.

Mittlerweile gibt es schon einige KVen, die bereits eine Consult oder eine ähnliche Dienstleistungsgesellschaft aufgebaut haben, etwa Nordrhein und Westfalen-Lippe. Bayern ist dabei, ein Unternehmen namens GediSelect in Form einer Aktiengesellschaft aufzubauen.

Vertragsärzteschaft hat tragfähige Konzepte

Die Krankenkassen werden seiner Ansicht nach künftig Verträge mit den Ärzte-Gesellschaften abschließen, die eine bestimmte Qualität bieten. Hier will sich die KVB positionieren. Sie strebt faires Honorar für nachgewiesene Leistung („Pay per Performance”) an, will Qualität und Wirtschaftlichkeit durch valide elektronische Dokumentation sichern, verschiedene Vertragskonzepte bündeln - „Angebot aus einer Hand anstelle von klein-klein” - und die teilnehmenden Leistungserbringer durch ihre bewährten Dienstleistungen entlasten.

Die Vertragsärzteschaft, sagte Munte, hat tragfähige Konzepte. Die KVen erhalten jetzt die Chance, den Krankenkassen für die Hausarzt-zentrierte Versorgung und für besondere Versorgungsformen, die vor allem Fachärzte nutzen können, außerhalb der Kollektivverträge attraktive Angeboten zu unterbreiten.

Er ist überzeugt, dass die KVen und mit ihnen die Vertragsärzte eine Überlebenschance haben, wenn es ihnen gelingt, den Krankenkassen und ihren Versicherten Perspektiven für eine optimierte Versorgung aufzuzeigen, die sich von althergebrachten KV-Konzepten in Qualität und Wirtschaftlichkeit substanziell unterscheiden.

Klaus Schmidt

Planegg

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