Klin Padiatr 1990; 202(1): 31-36
DOI: 10.1055/s-2007-1025482
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Serumspiegel von digoxin-ähnlichen immunreaktiven Substanzen (DLIS) bei Neugeborenen im Verlauf der ersten beiden Lebenswochen, im Nabelschnurblut und bei Schwangeren zum Zeitpunkt der Geburt

Serum Levels of Digoxin-Like Immunoreactive Substances (DLIS) in Newborns in the First Two Weeks of Life in Umbilical Blood and in Gravidae sub PartuM. P. Gawaz1 , R.  Schreiber1 , W.  Vogt2 , Th.  Genz3 , M.  Kellner4
  • 1Kinderklinik am Kreiskrankenhaus Starnberg
  • 2Institut für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin am Deutschen Herzzentrum, München
  • 3Kinderklinik am Deutschen Herzzentrum, München
  • 4Kinderkrankenhaus an der Lachnerstraße, München
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Publication Date:
13 March 2008 (online)

Abstract

A digoxin-like immunoreactivity (DLIS) was measured by two routinely used clinical digoxin-immunoassays (radio- and enzymimmunoassay) in cord blood of 255 newborns, in sera of their mothers at birth and in sera of 211 newborns during the first two postpartal weeks. The highest DLIS levels were found in serum of neonates at the first day of life (median: 0,23 ng/ml, 25% and 75% percentile: 0.19 and 0.28 ng/ml) and in cord blood (median: 0.21 ng/ml, 25% and 75% percentile: 0.19 and 0.24 ng/ml); maternal serum was shown to have three times less DLIS (median: 0.08 ng/ml, 25% and 75% percentile: 0.05 and 0.10 ng/ml). There was no significant correlation between DLIS concentrations in serum of newborns, cord blood or pregnants. The DLIS serum levels of preterms with birthweight <2500 g and gestational age <37 weeks were significantly lower than those of normal neonates at term (p<0.01); concomitantly the lowest DLIS levels were found in maternal serum of preterms (p<0.01). These observations strongly suggest rather a DLIS origin in the newborn than in the mother. During the first two postpartal weeks the DLIS concentration of a vast majority of the 211 newborns (91%) decreased continuously to one half of the starting value. Within the second postpartal week preterms were found to have a significantly delayed decrease in the DLIS serum levels (p<0.01). Small for date newborns showed no difference in their postpartal DLIS time course compared to normal neonates. There was a significant negative correlation between birth weight, gestational age and DLIS levels during the second postpartal week (r = -0.74). 9% of the newborns, preterms mostly, showed an increasing DLIS serum concentration during the first two postpartal weeks. One has to interpret the digoxin serum levels very carefully especially in regard to preterm infants under digitalis medication. Before starting the digitalis treatment a zero value is advisable followed by a digoxin monitoring within small intervals. Because of the higher sensitivity and accuracy in regard to the DLIS measurement radioimmunoassays are superior to enzymimmunoassays.

Zusammenfassung

Eine digoxin-ähnliche Immunreaktivität (DLIS) wurde mit Hilfe zweier klinisch angewandter Digoxin-Immunoassays (Radio- und Enzymimmunoassay) im Nabelschnurblut von 255 Neugeborenen und im Serum ihrer Mütter zum Zeitpunkt der Geburt sowie im Serum von 211 Neugeborenen im Verlauf der ersten Lebenswochen, nachgewiesen. Die höchsten DLIS-Konzentrationen wurden im Neugeborenenserum am ersten Lebenstag (Median: 0,23 ng/ml, 25% bzw. 75% Perzentile: 0,19 bzw. 0,28 ng/ml) und im Nabelschnurserum (Median: 0,21 ng/ml, 25% bzw. 75% Perzentile: 0,19 bzw. 0,24 ng/ml) gemessen; im Mutterserum fanden sich dreifach geringere DLIS-Konzentrationen (Median: 0,08 ng/ml, 25% bzw. 75% Perzentile: 0,05 bzw. 0,10 ng/ml). Eine signifikante Korrelation zwischen den DLIS-Konzentrationen im Neugeborenen-, Nabelschnur- oder Mutterserum ergab sich nicht. Bei Frühgeborenen mit einem Geburtsgewicht <2500 g und einem Gestationsalter <37 Wochen konnten im Vergleich zu termingerechten, gesunden Neugeborenen eindeutig niedrigere DLIS-Werte im Serum am ersten Lebenstag und im Nabelschnurserum nachgewiesen werden (p<0,01); ebenso waren bei Frühgeborenen im mütterlichen Serum die geringsten DLIS-Konzentrationen zu beobachten (p<0,01). Diese Beobachtungen sprechen dafür, daß DLIS vom Neugeborenen und nicht von der Mutter produziert wird. Während der ersten beiden Lebenswochen nahm die DLIS-Serumkonzentration bei der überwiegenden Mehrheit (91%) der 211 untersuchten Neugeborenen kontinuierlich um mehr als die Hälfte des Ausgangswertes ab. Frühgeborene wiesen einen signifikant verzögerten DLIS-Konzentrationsabfall in der zweiten Lebenswoche auf (p<0,01). Mangelgeborene unterschieden sich nicht von Reifgeborenen in ihrem postpartalen DLIS-Verlauf. Geburtsgewicht und Gestationsalter korrelierten mit den DLIS-Konzentrationen in der zweiten Lebenswoche signifikant negativ (r = -0,74). 9% der Neugeborenen, fast ausschließlich Frühgeborene, zeigten einen Anstieg der DLIS-Serumkonzentration in der ersten Lebenswoche. Die Interpretation von Digoxin-Serumspiegel ist besonders bei digitalisierten Frühgeborenen während der ersten beiden Lebenswochen äußerst kritisch vorzunehmen. Ein ,,Nullwert" vor der Digitalisierung und eine engmaschige Digoxin-Serumkontrolle ist unbedingt anzuraten. Radioimmunoassays sind auf Grund der niedrigeren Nachweisgrenze und der geringeren Streubreite den Enzymimmunoassays für die DLIS-Fragestellung überlegen.

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