Geburtshilfe Frauenheilkd 1993; 53(1): 15-19
DOI: 10.1055/s-2007-1023630
Zum Thema

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Diagnostische Ergebnisse und ihre klinische Interpretation - oder: Was Sie schon immer über Diagnostik nicht wissen wollten*

Diagnostic Results and Their Clinical Interpretation - or: What You Did Not Want to Know All Along About DiagnosticsR. Kürzl
  • I. Frauenklinik der Universität München
* Diese Arbeit ist Herrn Professor Dr. rer. nat. Dr. med. Erich Kuss gewidmet und entstand nach einem Vortrag, der anläßlich seines 65. Geburtstags beim Festkolloquium „Zur Interaktion von Klinik, Laboratoriumsmedizin und biochemischer Forschung“ an der I. Frauenklinik der Universität München im Juni 1992 gehalten wurde.
Further Information

Publication History

Publication Date:
16 June 2008 (online)

Zusammenfassung

Ergebnisse diagnostischer Verfahren werden erst relevant, wenn sie zutreffend klinisch interpretiert werden. Entscheidend für die klinische Interpretation ist der prädiktive Wert, der im klinischen Alltag, aber auch in der medizinischen Literatur, zumeist falsch verstanden wird, z.B. die Sensitivität eines Testverfahrens entspreche etwa dem prädiktiven Wert. Sensitivität und Spezifität eines Testverfahrens zusammen mit der Prävalenz der gesuchten Krankheit lassen erst die prädiktiven Werte abschätzen. Dieser Zusammenhang wird am Beispiel der Diagnostik der Chorioamnionitis mit Hilfe der Messung des C-reaktiven Proteins erläutert: Der prädiktive Wert ist keine konstante Größe, sondern ändert sich mit der Prävalenz. Die Prävalenz ändert sich aber je nach klinischer Situation, d.h. gleiche Testergebnisse müssen klinisch ganz unterschiedlich interpretiert werden. Unter Berücksichtigung dieser Zusammenhänge kann in einer allgemeinen Entscheidungsanalyse schließlich gezeigt werden, wie mit Hilfe eines „Schwellenmodells“ rational und quantitativ über Auswahl und Interpretation von Testverfahren entschieden werden kann. Obwohl zunehmend mehr entscheidungsanalytische Untersuchungen publiziert werden, finden sie bisher in der täglichen Praxis kaum Resonanz. Dies sollte sich zum Wohl der Patienten ändern.

Abstract

Diagnostic test results become only relevant if clinically interpreted. A key issue in clinical interpretation is the predictive value which, however, in daily practice and even in medical literature, is frequently misunderstood, as if the predictive value would be about the same as sensitivity. Sensitivity and specificity of a test only together with the prevalence of the target disease allow estimation of the predictive values. This correlation will be examplified with the diagnosis of chorioamnionitis measuring C-reactive protein: The predictive value is not constant, but depends on prevalence. Prevalence, however, changes with clinical Situation, therefore similar test results must be clinically interpreted very differently. Finally, considering these correlations, decision analysis using the “threshold model” shows how to develop a rational, quantitative approach to the selection and Interpretation of diagnostic tests. Although more and more studies on decision analysis in diagnostics are published, up to now, there is little response in day-to-day practice. This Situation should be changed for the sake of our patients.

    >