Geburtshilfe Frauenheilkd 1997; 57(2): 101-105
DOI: 10.1055/s-2007-1023049
Geburtshilfe

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Die spastische Zerebralparese: Problem für Betroffene, Ärzte und Juristen. Herausforderung für die Gesellschaft

Spastic Cerebral PalsyF. Jaisle
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Publication Date:
17 June 2008 (online)

Zusammenfassung

In zahlreichen Untersuchungen der letzten Dekade ist gezeigt worden, daß die Ursachen der bilateralen spastischen Zerebralparese zum überwiegenden Teil vor Geburtsbeginn zu suchen sind. Mit Anwendung der bildgebenden Verfahren, vor allem der Kernspintomographie, wird bei zwei Dritteln der betroffenen Kinder eine periventrikuläre Leukomalazie als Ursache der bilateralen spastischen Zerebralparese gefunden. Diese entsteht in der ersten Hälfte des dritten Trimenons, bei reifen Kindern also Wochen vor der Geburt. Hinterläßt eine noch unbekannte Noxe bei reifen Kindern lange vor der Geburt latente Spuren (PVL), die eine spätere Erkrankung erklären, bleibt die Frage, warum soll nicht auch ein Frühgeborenes, das aus ganz anderen Gründen vorzeitig geboren wird, dieselbe Noxe ante partum erlitten haben. Auch bei Frühgeborenen ist die Noxe, die zur PVL führt, nicht erkennbar und muß wohl mit der ersten Hälfte des dritten Trimenons, nicht aber notwendigerweise mit dem Zeitraum der Geburt zusammenfallen. Diese bislang wenig bekannten Zusammenhänge werden sich auf die Haftungsansprüche von Kindern mit Zerebralparese in Zukunft auswirken. Daher ist es an der Zeit, daß sich unsere Gesellschaft des Anspruchs dieser Kinder und deren Eltern auf die Solidarität der Allgemeinheit besinnt und eine Regelung schafft, die diesen Kindern wenigstens einen materiellen Ausgleich für ihre Behinderung ohne langwierige und kostspielige Verfolgung von Haftungsansprüchen bringt.

Abstract

A Problem Facing Disabled Children, Doctors and Lawyers, and a Challenge to Society: Numerous papers in the last ten years have shown that bilateral spastic cerebral palsy mostly originates before birth. The use of imaging procedures, especially of MRI, points in two-thirds of the disabled children to an aetiology of bilateral spastic cerebral palsy in periventricular leukomalacia (PVL). PVL is an injury in the first half of the third trimenon, in term-newborn weeks before birth. If there is an unknown injury in term-newborn long time before birth (PVL) explaining the later damage, the question remains: why should the same injury not lead to the same damage in infants who are born preterm, independent of the time of injury? In preterm infants the injury that causes PVL is not known and acts in the first half of the third trimenon, but not necessarily during the period of labour. These facts which had so far not been generally known, will have a bearing on future claims of infants suffering from cerebral palsy. It is, therefore, necessary that our society tackles this challenging task of identifying themselves with the problem of these children and their parents. It is high time to evolve ways and means of affording at least material compensation for their disability without longlasting and expensive litigation.

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