Geburtshilfe Frauenheilkd 1998; 58(10): 529-542
DOI: 10.1055/s-2007-1022756
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© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Die intrauterine Wachstumsretardierung (IUGR) - Zur Rolle der Insulin-like Growth Factors in der Regulation fetalen Wachstums

Intrauterine Growth Retardation - The Role of Insulin-Like Growth Factors in the Regulation of Fetal GrowthR. Axt1 , A. Jensen2 , W. Schmidt1 , R. Berger2
  • 1Universitäts-Frauenklinik und Poliklinik mit Hebammenlehranstalt Homburg/Saar
  • 2Universitäts-Frauenklinik, Knappschaftskrankenhaus, Bochum
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Publication Date:
17 June 2008 (online)

Zusammenfassung

Die fetale Wachstumsretardierung (IUGR) stellt zusammen mit der Frühgeburtlichkeit den Hauptrisikofaktor für die perinatale Mortalität und Morbidität dar. Darüber hinaus sind, wie entsprechende Nachuntersuchungen der betroffenen Kinder zeigen. Störungen der somatischen und psychomotorischen Entwicklung. wie etwa eine Verminderung des Sprachverständnisses, eine Einschränkung der visuellen und auditiven Wahrnehmungsfühigkeit, Störungen in der Grob- und Feinmotorik und Auffälligkeiten im Sozialverhalten von großer Bedeutung. Die Inzidenz der 1UGR liegt abhängig von der Definition in Industrieländern zwischen 3-10%. Es werden. je nach zugrunde liegender Ursache und Zeitpunkt des Auftretens, eine symmetrische von einer asymmetrischen Form unterschieden. Die Diagnose einer 1UGR beruht neben der sorgfältigen Schwanger-schaftsvorsorge im wesentlichen auf einer exakten Festlegung des Scbwangerschaftsalters im ersten Trimenon sowie einer engmaschigen weiteren Überwachung des fetalen Wachstums durch Ultraschall- und Doppleruntersuchungen. Eine Screeningmethode, die mit hoher Sicherheit eine fetale Wachstumsretardierung prognostiziert, existiert zur zeit nicht. Das fetale Wachtum in utero unterliegt vielfältigen Einflüssen. Fragen der Regulation des fetalen Wacbstums sind Gegenstand zahlreicher Untersuchungen. Neben dem Wachstumshormon (growth hormone. GH) und dem Humanen Plazenta-Laktogen (HPL) wird dem System der insulin-like growth factors (IGFs) und den Insulin-like growth factor-binding proteins (IGFBPs) zunehmende Bedeutung in der Regulation fetalen Wachstums in utero beigemessen. insulin-like growth factors und deren Bindungsproteine lassen sich bereits in der Frühschwangerschaft im maternalen, plazentaren und fetalen Kompartiment nachweisen. Die Konzentration von IGF-I und IGF-II im Nabelschnurblut steigt mit zunehmendetm Gestationsalter an. Die Konzentration von IGF-I im Nabelschnurblut ist mit dem Geburtsgewicht positiv korreliert. IGFBP-1 und IGFBP-2 sind die wichtigsten Bindungsproteine für IGF-I und IGF-II im menschlichen Fetus. In Fällen von IUGR finden sich erniedrigte IGF-I-Konzentrationen im Nabelschnurblut, wohingegen die Konzentrationen von IGFBP-1 und IGFBP-2 erhöht sind. Die Konzentration von IGFBP-1 im maternalen Kompartiment ist im Falle einer IUGR erhöht. In der vorliegenden Übersichtsarbeit werden Ergebnisse gegenwärtiger Studien zur Bedeutung endokriner Regelkreise für die intrauterine Wachstumsretardierung vorgestellt. Hier scheinen die insulin-like growth factors (IGFs) und die insulin-like growth factor-binding proteins (IGFBPs) eine vorrangige Stellung in der Regulation fetalen Wachstums einzunehmen. Möglkherweise ergeben sich hieraus Ansatzpunkte, eines Tages die fetale Wachstumsretardierung intrauterin behandeln zu können. Angesichts der erheblichen Früh- und Spätmorbidität dieser Kinder ist dies ein dringend gebotenes Ziel.

Abstract

Fetal growth retardation and preterm delivery remain the most important risk factors contributing to perinatal mortality and morbidity. Furthermore, as shown in recent follow-up studies. IUGR children often suffer from retarded somatic and psychomotor development, i.e. poor speech development, deficient audio-visual perception, poor fine- and coarse-motor skills and abnormal social behaviour, as well as slow growth. The incidence of IUGR ranges from 3-10% in industrial countries, depanding on definition of the term. Symmetric and asymmetric IUGR can be differentiated by evaluation of etiological factors and the time of onset of IUGR. Detection of IUGR requires meticulous prenatal care and observation, including early determination of gestational age by ultrasound examination, and close monitoring of fetal growth throughout pregnancy. Doppler ultrasound investigation of the fetal circulation is an important means of monitoring the growth-retarded fetus. There is still no screening method for IUGR. Fetal growth in utero is determined by several factors. The question of how it is regulated has been intensively researched. It is now well established that insulin-like growth factors (IGFs) and their binding proteins (IGFBPs) as well as growth hormone (GH) and human placental lactogen (HPL) play an important role in the regulation of fetal growth in utero. IGFs and IGFBPs are detectable in fetal, maternal and placental tissues from early pregnancy onwards. Levels of IGF-I and IGF-II in the fetal circulation increase during pregnancy, and at term, levels of IGF-1 are directly related to birthweight. The main binding proteins for IGFs in the human fetus are IGFBP-1 and IGFBP-2. Fetal levels of circulating IGF-I are reduced in cases of IUGR, while fetal levels of IGFBP-1 and IGFBP-2 are increased. Maternal levels of IGFBP-1 are elevated in IUGR. Recent studies have attempted to elucidate feedback mechanisms underlying IUGR at the molecular-biological level. Our long-term aim is to find a away to treat IUGR in utero. In view of the early- and late morbidity of children affected by this condition, this remains an urgent task.

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