intensiv 2006; 14(6): 259
DOI: 10.1055/s-2006-927310
Editorial

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Liebe Leserin, lieber Leser,

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Publication Date:
06 December 2006 (online)

zum neunten Mal haben wir in diesem Jahr den „Thieme intensiv-Pflegepreis” verliehen. Die Preisverleihung fand am 1. September im Rahmen des Jubiläumskongresses „30 Jahre Weiterbildung” am Universitätsklinikum in Münster statt. Das Foto zeigt die strahlende Gewinnerin Kerstin Weßling neben dem „intensiv”-Herausgeber Lothar Ullrich.

Abb. 1 Das Foto zeigt die strahlende Siegerin Kerstin Weßling bei der Preisverleihung durch das intensiv-Herausgeberteam.

Das Thema der Arbeit mit dem Titel „...nach bestem Wissen und Gewissen? Ethik in der Intensivpflege” behandelt zentrale Fragen und Probleme pflegerischen Handelns. Im Schlusswort dieser Arbeit heißt es: „Ethik benötigt einen festen Platz im Krankenhaus und in Pflegeeinrichtungen” [1]. Umso erstaunlicher ist es dann, festzustellen, dass gerade die Pflegenden als größte Berufsgruppe im Gesundheitswesen so gut wie gar nicht an aktuellen öffentlichen Diskussionen, z. B. zur Debatte um Sterbehilfe, beteiligt sind. Die Pflege stellt im Nationalen Ethikrat kein Mitglied, während Mediziner und Naturwissenschaftler mit neun Vertretern präsent sind [2]. Neben der schon oftmals beklagten „Opfer-Mentalität” der Pflegenden mit der vielfach zu beobachtenden resignativen Grundhaltung („Man kann ja doch nichts machen”, „es ändert sich sowieso nichts”) als Grund für das Fehlen der Pflege in öffentlichen Diskursen lässt sich auch ein erhebliches Wissensdefizit zum Thema Ethik feststellen. Ethische Standpunkte sind begründungspflichtig, genauso wie Urteile über empirische Tatbestände. Dazu benötigen Pflegende Wissen über Begründungsstrategien und Kenntnisse über Entscheidungsfindungsmodelle für konkrete Anwendungsproblematiken im Handlungsfeld. Ethisch-moralische Kompetenz als Reflexions- und Beurteilungskompetenz ist lehr- und lernbar. Aus-, Fort- und Weiterbildung sollten entsprechende Inhalte aufnehmen.

Begrüßenswerte Möglichkeiten sind z. B. „interdisziplinärer und multiprofessioneller Ethikunterricht” [3], „Fallorientierte Seminare zu ethischen Entscheidungskonflikten” [4] und Lehrgänge wie „Berater/In für Ethik im Gesundheitswesen” [5].

Ethisch verantwortliches Handeln bedarf neben dem nötigen Wissen allerdings der ökonomischen Absicherung. Eine schleichende Rationierung durch Personalabbau führt jegliche Bemühungen, z. B. um einen würdevollen Tod auch auf Intensivstationen, ad absurdum.

Wir wünschen Ihnen ein besinnliches Weihnachtsfest und einen guten Start ins neue Jahr.

Die Herausgeber

Literatur

  • 1 Weßling K. „...nach bestem Wissen und Gewissen? Ethik in der Intensivpflege”.  intensiv 2006. 14 112-122
  • 2 Giese C. et al . Sterbehilfe - kein Thema für die Pflege? Zum Beitrag der Pflegenden zur aktuellen Sterbehilfe-Diskussion.  Dr. med. Mabuse. 2006;  164 43-46
  • 3 Salomon F. Erfahrungen mit interdisziplinärem, multiprofessionellem Ethikunterricht.  intensiv. 2006;  14 235-239
  • 4 Linder H, Ziegler A. Es gibt mehr als eine Lösung. Fallorientierte Seminare zu ethischen Entscheidungskonflikten.  Dr. med. Mabuse. 2006;  164 48-50
  • 5 Klinikum Nürnberg - Centrum für Kommunikation, Information und Bildung: Fernlehrgang Berater/in für Ethik im Gesundheitswesen (Start April 2007). 
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