Dtsch Med Wochenschr 2005; 130(38): 2159
DOI: 10.1055/s-2005-916360
Pro & Contra
Hämatologie/Onkologie
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Neoadjuvante Therapie beim nicht-kleinzelligen Lungenkarzinom - Contra

Neoadjuvant treatment of non small cell lung cancer - contraM. Thomas1
  • 1Internistische Onkologie der Thoraxtumoren, Thoraxklinik am Universitätsklinikum Heidelberg
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eingereicht: 7.6.2005

akzeptiert: 16.6.2005

Publication Date:
20 September 2005 (online)

Bei operabler Tumorausdehnung eines nicht-kleinzelligen Lungenkarzinoms (NSCLC) ist die Resektion des Primärtumors mit umfassender mediastinaler Lymphadenektomie Basis der kurativen Behandlung. In den frühen Stadien werden so 5-Jahres-Überlebensraten von 50 - 70 % (Stadium I) bzw. 40 - 60 % (Stadium II) und im Stadium IIIA von 30 - 40 % (single-level N2-Befall bei präoperativ negativer Mediastinoskopie; IIIA 1/IIIA2) bzw. < 15 % (präoperativ gesicherter N2-Status oder multi-level, „bulky” N2-Befall; IIIA3/IIIA4) erreicht.

Nach kurativer Resektion bestimmen zum OP-Zeitpunkt bereits vorhandene Mikrometastasen die Prognose der Patienten. Vor diesem Hintergrund wird in multimodalen Therapieansätzen der Stellenwert der Chemotherapie zur Kontrolle der Mikrometastasen und Verbesserung der Prognose geprüft. So wurden für die neoadjuvante Chemotherapie im Stadium IIIA zwei Studien bei jeweils 60 rekrutierten Patienten vorzeitig abgebrochen wegen eines signifikanten Überlebensvorteiles für die neoadjuvant Behandelten [4] [5]. Allerdings wurden in beiden Studien nicht alle Patienten regelhaft mediastinoskopiert, so dass gerade angesichts der kleinen Patientenzahl eine Imbalanz des Stadiums IIIA 1/IIIA2 vs. IIIA3/IIIA 4 zwischen den beiden Therapiearmen nicht ausgeschlossen werden kann. In der größten randomisierten Studie zur neoadjuvanten Therapie wurden 355 Patienten im Stadium IB - IIIA rekrutiert. Im Gesamtergebnis zeigt diese Studie keinen Überlebensvorteil für die neoadjuvant Chemotherapierten [1].

Gegen die neoadjuvante und für den adjuvanten Einsatz der Chemotherapie spricht, dass 1. unter präoperativer Therapie bis zu 10 % der Tumoren progredient sind und damit inoperabel werden können, 2. bei primär gegebener Resektabilität eine therapieinduzierte Tumorverkleinerung zur Durchführung der Operation nicht notwendig ist und 3. bei primärer Resektion das exakteste Staging sowie die Validierung tumorassoziierter Prädiktoren für den Therapieerfolg am Primärtumor möglich wird.

Vor allem aber belegen vier große randomisierte Studien den Stellenwert der adjuvanten platinbasierten Kombinationschemotherapie nach kompletter Tumorresektion eines NSCLC und zeigen eine signifikante Verbesserung der Langzeit-Überlebensraten [2] [3].

Als Fazit bleibt festzuhalten, dass in den operablen Stadien des NSCLC die theroretischen Vorteile der neoadjuvanten Therapie sich nur in klinischen Studien mit kleiner Patientenzahl abzeichnen und möglicherweise nicht auf die Therapie, sondern eine Imbalanz prognoserelevanter Patientensubgruppen zwischen den beiden Therapiearmen zurückzuführen ist. Demgegenüber kann bereits jetzt auf Grundlage der Ergebnisse von vier randomisierten Studien eine platinbasierte adjuvante Kombinationschemotherapie nach kompletter Tumorresektion im Stadium I B - II B (sowie im inzidenziellen Stadium III A) empfohlen werden [2]. Zudem eröffnet dieser Ansatz die molekulare Charakterisierung des Primärtumors und damit die differenzierte Weiterentwicklung der Therapiekonzepte.

Autorenerklärung: Der Autor erklärt, dass er keine finanziellen Verbindungen mit einer Firma besitzt, deren Produkt in diesem Artikel eine wichtige Rolle spielt (oder mit einer Firma, die ein Konkurrenzprodukt vertreibt).

Literatur

  • 1 Depierre A. et al . Preoperative chemotherapy followed by surgery compared with primary surgery in resectable stage I (T1 N0), II and III A non-small-cell lung cancer.  J Clin Oncol. 2002;  20 247-253
  • 2 Pisters K. Adjuvant chemotherapy for non-small-cell cancer - the smoke clears.  N Engl J Med. 2005;  352 2640-2642
  • 3 Pisters K, Le Chevalier T. Adjuvant chemotherapy in completely resected non-small-cell lung cancer.  J Clin Oncol. 2005;  23 3270-3278
  • 4 Rosell R. et al . A randomised trial comparing preoperative chemotherapy plus surgery with surgery alone in patients with non-small-cell lung cancer.  N Engl J Med. 1994;  330 153-158
  • 5 Roth J. et al . A randomised trial comparing perioperative chemotherapy and surgery with surgery alone in resectable stage III A non-small-cell lung cancer.  J Natl Cancer Inst. 1994;  86 673-680

Prof. Dr. Michael Thomas

Internistische Onkologie der Thoraxtumoren, Thoraxklinik am Universitätsklinikum Heidelberg

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