Z Gastroenterol 2005; 43(12): 1281-1284
DOI: 10.1055/s-2005-858879
Perspektiven in der Gastroenterologie

© Karl Demeter Verlag im Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Die Entwicklung der Gastroenterologie in Deutschland

Persönliche Anmerkungen anlässlich der 60. Jahrestagung der Gesellschaft für Verdauungs- und StoffwechselkrankheitenFuture Directions of German Gastroenterology - Personal Notes on the Occasion of the 60thAnnual Meeting of the German Gastroenterological AsscociationW. Kruis1
  • 1Innere Abteilung, Evangelisches Krankenhaus Kalk GmbH, Köln
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Publication Date:
29 November 2005 (online)

Der Präsident kann mit seiner Rede zur Jahrestagung vielerlei Ziele verfolgen. Meine Absicht ist die Betrachtung der aktuellen Situation unseres Faches - eine kritische Betrachtung mit einigen Anmerkungen zu Konsequenzen für die Zukunft. Manch einer mag sich bei dieser Einleitung fragen, ob es denn um die deutsche Gastroenterologie so schlecht steht, dass Kritik von Nöten ist. Im Gegensatz dazu meine ich, dass sich die Gastroenterologie in Deutschland über Jahre stetig und sehr gut entwickelt hat. Ausweislich einer auffallenden publikatorischen Präsenz in besten internationalen Journalen der Grundlagen- und angewandten Wissenschaften, beim Vergleich des klinischen Versorgungsstandards, insbesondere wenn man die Möglichkeiten der Endoskopie betrachtet, und auch wenn man die großen Kongresse besucht, so kann man mit einigem Recht feststellen, dass sich die deutsche Gastroenterologie auf einem ausgezeichneten Niveau befindet. Warum also kritische Töne? Weil nach jedem Aufstieg der Abstieg droht und weil es keinen besseren Zeitpunkt zur Selbstkritik gibt als den, wo man ohne aus der Not geborenem Druck diskutieren und entscheiden kann und wo man die Kraft und die Mittel zu Veränderungen hat.

Mein erstes Stichwort möchte ich als die Bedeutung der kritischen Masse beschreiben. Wir leben in Jahrzehnten fortwährender, möglicherweise auch notwendiger Spezialisierung. Diese Spezialisierung führt nicht selten zu Abspaltungen, zu Abgrenzungen. Schlussendlich bleibt eine Gruppe, mitunter nur ein kleines Grüppchen, die dem Anspruch des Spezialistenseins zwar genügt, aber als solche aus dem Fokus derjenigen, die medizinische Strukturen gestalten, verschwunden ist. Masse ist sicherlich einer der wichtigen Faktoren, die dem Fach eine entsprechende Stellung in der gesundheitspolitischen Landschaft geben und die als Ergebnis dieser Bedeutung wiederum zu öffentlichen Ressourcen in Forschung und Lehre führen. Was hat das mit der Gastroenterologie zu tun? Die Hochschulabteilungen werden, nicht zuletzt auch konzeptionell bedingt, kleiner und spielen für die breite Versorgung eine zunehmend geringere Bedeutung. Auf der anderen Seite ist es bisher nicht gelungen, an allen universitären Einrichtungen einen Lehrstuhl einzurichten; die Universität, deren Fakultät ich angehöre, illustriert diese Situation beispielhaft. An manchen Universitätskliniken ist die akademische Repräsentanz der Gastroenterologie zurückgestuft worden.

An den Versorgungskrankenhäusern werden Betten abgebaut, die Abteilungen verkleinert - auch in der Gastroenterologie. Vieles wandert in die niedergelassene Praxis ab. Dort kann aber weder Forschung noch Ausbildung in substanzieller Form erfolgen. Wenn es aber keine Forschung und keine Ausbildung mehr gibt, dann ist das Fach in seiner Existenz bedroht. Ausschließlich Basisversorgung in den Praxen kann jedenfalls dem Fach nicht ausreichend Inhalt geben. Dies ist im Übrigen kein Vorwurf, sondern eine Beschreibung der Fakten.

Zusammengefasst besteht die Gefahr der Schrumpfung der Masse Gastroenterologie in den klinischen Einrichtungen. Damit wäre das Gewicht der Gastroenterologie in der politischen Diskussion innerhalb der Medizin gefährdet.

Wie sieht es in der Viszeralchirurgie aus? Ohne allzu sehr in die Tiefe zu gehen - was mir nicht zusteht - zeichnen sich auch hier Änderungen ab. Es werden Betten in den Kliniken vermindert, Abteilungen verkleinert und da und dort zeichnen sich Schließungen ab. Einer der Gründe dafür ist, dass frühere Volumenoperationen, wie Hernienchirurgie, Appendektomie und hier und da schon Cholezystektomien, in die ambulante Chirurgie niedergelassener Chirurgen abwandern. Also auch hier droht eine Verminderung der klinischen Präsenz.

Was bleibt zu tun? Wir sollten unsere Fächer zusammenschließen, um so durch eine gemeinsame Viszeralmedizin ein entsprechendes Gewicht zu gewährleisten.

Diese 60. Jahrestagung soll ein Meilenstein auf dem Weg zu einer interdisziplinären, gemeinsamen Viszeralmedizin sein. Viszeralchirurgen sind immer schon zur Jahrestagung der DGVS eingeladen worden. In einer weiteren Intensivierung dieser Gemeinsamkeit beteiligen sich dieses Jahr unsere chirurgischen Kollegen erstmals mit einem vollständigen und eigenverantwortlich organisierten Programm. Nicht nur einzelne Referate oder Sitzungen, sondern Spezialkurse aller Art und nicht zuletzt eine große Posterausstellung bezeugen die ernste Absicht der Chirurgie und der Gastroenterologie, die Viszeralchirurgie in den Kongress zu integrieren und so zu einer umfassenden Darstellung und zu einem Treffen aller Viszeralmediziner zu gelangen.

Engstmögliches Zusammenarbeiten von Gastroenterologen und Chirurgen führt zu einer Verbesserung der klinischen Ergebnisse, die medizinische Qualität der Patientenversorgung wird sich steigern. Die allseits geforderte Effizienz unserer klinischen Arbeit wird zunehmen und nicht zuletzt das gemeinsame wissenschaftliche Arbeiten wird gefördert, neue Ergebnisse werden entstehen und ältere Befunde in neuem Lichte gezeigt. Alles dies ist über eine gute interdisziplinäre, das heißt viszeralmedizinische Zusammenarbeit längst gesagt und bedarf keiner weiteren Erläuterungen. Erinnern möchte ich Sie zusätzlich noch einmal an mein anfängliches Argument der größeren Masse. Eine gemeinsame Viszeralmedizin wird zu einer erhöhten Bedeutung unseres Faches im Orchester der klinischen Einrichtungen führen. Lassen Sie uns also auf diesem Weg voranschreiten.

Der zweite Stichpunkt meines Diskurses betrifft die Weiterbildung. Ohne erfolgreiche Weiterbildung gibt es keinen Nachwuchs und ohne Nachwuchs ist das Fach zum Absterben verurteilt. Weiterbildung ist also von existenzieller Bedeutung, wird aber der Weiterbildung entsprechende Bedeutung zugetan? Von der Ärztekammer Nordrhein habe ich Zahlen über erfolgreich abgeschlossene Weiterbildungen im Schwerpunkt Gastroenterologie erhalten. Diese Zahlen schwanken von Jahr zu Jahr sehr stark, ohne erkennbare Systematik, scheinbar völlig zufällig, und keinesfalls ist eine Zunahme erkennbar. Insgesamt scheinen mir die Zahlen für das bevölkerungsreichste Land der Republik niedrig. Dies entspricht Erfahrungen, nach denen erfolgreichen Exaministen praktisch schon am Examenstag mit attraktiven Angeboten aufgelauert wird. Dies alles spricht für eine zumindest niedrige Zahl erfolgreich ausgebildeter Gastroenterologen.

Weiterbildungsinhalte sind komplex und entsprechen engagierten Überlegungen. Trotzdem sind sie Ziel mannigfacher Kritik - warum dieses enthalten ist, jenes aber nicht, warum die geforderte Zahl so ist und nicht anders etc. etc. Ein weiteres Problem stellt dar, dass, folgend Diskussionen unter Weiterbildungsermächtigten, die Erfüllung aller Weiterbildungsinhalte trotz entsprechender Zeugnisse durchaus fraglich ist. Zurzeit ist an meiner Abteilung eine leitende Oberarztstelle ausgeschrieben. Es ist erstaunlich, welche Ausbildungsdefizite bei den Kandidaten trotz der Schwerpunktbezeichnung Gastroenterologie zu erkennen sind. Ausbildung in eindeutigen Inhalten der Weiterbildungsordnung hat offensichtlich nicht stattgefunden. Dabei kommen die Bewerber aus durchaus renommierten Einrichtungen, auch aus Universitätskliniken.

Defizite in der Weiterbildung sind also offenkundig. Was kann getan werden?

Jetzt und zwar gerade jetzt, wo die letzten Änderungen der Weiterbildungsordnung noch nicht überall in Kraft getreten sind, ist es Zeit, über Konzepte und Modifikationen der nächsten Weiterbildungsnovellierung nachzudenken. Dies sollte ohne Zeitdruck, in offener Diskussion und unter Beteiligung aller in der Weiterbildung engagierten Gruppierungen geschehen. Einer derartigen Entwicklung gelten meine Bemühungen in Vorstand und Beirat. Weiterhin sind die Methoden der Vermittlung von Weiterbildungsinhalten zu erörtern. Auch in großen Abteilungen bestehen in bestimmten Einzelheiten Schwierigkeiten in der Unterrichtung spezieller Kenntnisse. Ein curriculares und externes Weiterbildungsangebot könnte vielfach Abhilfe schaffen. Ein besonderes Beispiel dafür sind die Kurse in gastroenterologischer Onkologie, die in zertifizierter und qualitativ hoch stehender Weise Kenntnisse, die in der Weiterbildungsordnung gefordert werden, vermitteln. Das Instrument für diese curriculare Weiterbildung könnte die neu gebildete Fortbildungsakademie bilden. Die Organisation obläge dann dem bereits installierten Kuratorium.

Neben diesen Bemerkungen lassen Sie mich noch ein Wort zu den Kosten sagen. Das Vermitteln eines medizinischen Verfahrens erfordert erhebliche Personalzeit, das heißt, es entstehen nennenswerte zusätzliche Personalkosten. Institutionen, die nachweislich ausbilden, müssen einen Finanzausgleich erhalten, auf welche Weise, das sei dahingestellt. Erfolgt diese finanzielle Substitution für die Ausbildungstätigkeit jedoch in Zukunft nicht, werden sich in Zeiten äußerst rigider ökonomischer Rahmenbedingungen die ausbildenden klinischen Einheiten aus ihren Weiterbildungstraditionen und ihren Lehrverpflichtungen ausklinken.

Ein weiterer Stichpunkt, den ich hier erwähnen und diskutieren möchte, ist die klinische Forschung. Allgemein ist dazu die Ansicht zu hören, dass diese in Deutschland schlecht oder zumindest unterentwickelt sei. Eine solche pauschale Beurteilung scheint mir eher fraglich in ihrer Aussagekraft. Grundsätzlich wird man jedoch schon davon ausgehen können, dass Umfang und Qualität klinischer Forschung in Deutschland noch zu steigern wären. Wo liegen die Hemmnisse für diese suboptimale Leistungsfähigkeit?

Diese Frage stelle ich ja nicht als Erster. Für gewöhnlich werden dazu auch reichlich Erklärungen gegeben: der insuffiziente Stellenschlüssel, überbordende Bürokratie, fehlende finanzielle Unterstützung, zeitraubende administrative Aufgaben, Belastungen durch zunehmende Lehrverpflichtungen, gesetzliche Bestimmungen und andere Ursachen mehr. Ohne Zweifel trifft jede dieser Erklärungen zu und sicherlich wird schon allein dadurch klinische Forschung enorm behindert. Der Lösungsansatz gestaltet sich dann folgerichtig in sehr einfachen Forderungen: mehr Personal, mehr Geld, weniger forschungshemmende Vorschriften und Aufgaben. Mit einem Wort, die anderen haben sich zu bewegen. Seltener wird darüber diskutiert, ob nicht die akademische Gemeinschaft selbst etwas bewegen könnte.

Zum Beispiel hat klinische Forschung im Vergleich zur mehr grundlagenorientierten Forschung eine Reihe von Nachteilen für den betreffenden Wissenschaftler: Die Ergebnisse lassen in der Regel sehr viel länger auf sich warten, das heißt, in der für die Karriere wichtigen, beschränkten Zeitperiode können weniger Publikationen erfolgen; klinische Ergebnisse lassen sich häufiger schlechter verkaufen, d. h. es gibt weniger Impact-Punkte; negative klinische Studien sind schwierig zu publizieren; klinische Studien unterliegen Einflussgrößen, z. B. Patienten, die nicht steuerbar sind. Zusammengefasst ist klinische Forschung eher nicht karrierefördernd. In Anbetracht dieser Fakten wundert es daher nicht, dass Nachwuchsforscher klinische Forschung meiden, sondern eher, dass Erfahrene in der Szene diese Entscheidung hinterfragen müssen. Wir, das heißt die akademische, wissenschaftlich aktive Gemeinschaft, muss hier Maßstäbe neu setzen, zumindest dann, wenn man klinische Forschung für den Nachwuchs attraktiv gestalten will.

Die großen klinischen Studien sind klassischerweise nicht nur eine Aufgabe des jüngeren Nachwuchses, sondern vor allem des Mittelbaus. Damit wären wir bei der Situation dieses für den Wissenschaftsbetrieb so wichtigen Teils der akademischen Gemeinschaft. Ganz allgemein wird ja für den wissenschaftlichen Nachwuchs einiges getan, Einstellung, sicheres Gehalt, Platz in einer Arbeitsgruppe, Stipendien, nicht selten Auslandsaufenthalte. Allerdings führen diese Stipendien und Auslandsaufenthalte bei den damit Bedachten nicht selten weder zu wissenschaftlichen Ergebnissen noch zu akademischen Karrieren. Es wird über eine größere Zahl solcher Wissenschaftskarriereabbrüche geraunt. Genaue Zahlen dazu sind mir nicht bekannt, was auch für meine Argumentation keine wesentliche Bedeutung hat. Fragen muss man sich nämlich schon, warum es bei manchem nicht weitergeht, wenn er in die Heimat zurückkehrt. Jedenfalls sollte man sich davor hüten, die Schuld immer dem Rückkehrer anzulasten.

Andere wollen in Anbetracht dieses Schicksals gleich gar nicht zurückkehren. Laut Spiegel (2005; 34) sind dies etwa 40 %, wobei es sich bei dieser und der folgenden Zahl nicht nur um Mediziner handelt. Etwa 20 000 deutsche Wissenschaftler sollen derzeit in den USA arbeiten. Der Spiegel schreibt dazu, und hier sind wir wieder beim Thema Mittelbau: „Die größte Sorge der Nachwuchswissenschaftler bleibt es, mit Mitte 30 oder Anfang 40 trotz bester Qualifikationen ohne festen Job dazustehen. Es kann Jahre dauern, bis auf dem eigenen Fachgebiet eine Professur frei wird, für den Absprung in den Arbeitsmarkt außerhalb der Universität ist es dann meist zu spät.”

Im Übrigen wird mit Absprung in den Arbeitsmarkt im Bereich der Medizin in der Regel der Wechsel in eine Chefarztposition gemeint. Wie viele Beispiele zeigen, ist dieser traditionelle Karriereweg heute häufig verbaut. Zunehmend werden Chefärzte aus nicht universitären Einrichtungen gewählt. Dafür gibt es viele Gründe, eine Karriere in der Wissenschaft ist jedoch sicherlich kein fördernder Faktor. Ich jedenfalls habe bei den Bewerbungsunterlagen für meine jetzige Stelle das Literaturverzeichnis vorsichtshalber weggelassen.

Bleibt die Karriere an der Universität. Zu diesen Aussichten weitere Anmerkungen aus der bereits zitierten Spiegel-Titelgeschichte: „Der Fehler liegt im System. Während sich Nachwuchskräfte in den USA problemlos Forschungsmittel und Sponsorengeld besorgen können, sind sie in Deutschland in ein enges Korsett aus arbeits- und hochschulrechtlichen Verordnungen eingeschnürt. In Amerika sind sie Wissenschaftsmanager in eigener Sache, in Deutschland oft Bittsteller, abhängig vom Wohlwollen ihrer akademischen Zieheltern und von Kapazitätsverordnungen.” Und weiter schreibt der Spiegel: „Regelungen zu neuartigen Karrierewegen verhindert in Deutschland bislang das starre Personalstatut. Wissenschaftsorganisationen fordern deshalb ein eigenes Tarifrecht für die Forschung, das das Arbeitsgebiet vom öffentlichen Dienst abkoppelt und flexible Lösungen erlaubt.”

Der Kollege Armin Pscherer vom Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg stellt fest: „Strukturell hapert es in Deutschland. Die hiesige Regulierungssucht und das Obrigkeitsdenken sind für die akademische Forschung absolut tödlich.”

So kommt der Spiegel zu dem Ergebnis: „Sprühende Aufbruchstimmung kann sich da schwerlich einstellen.” Ich denke, eine Conclusio, die eher vorsichtig scheint. Es mag nun einige im Auditorium geben, die den Spiegel nicht mögen oder dessen Zitierung anlässlich einer Eröffnungsrede einer wissenschaftlichen Fachgesellschaft für inadäquat halten oder überhaupt alles als miesepetrige Übertreibung betrachten. Deshalb möchte ich noch aus dem Mitteilungsblatt des Deutschen Hochschulverbandes zitieren, einem Verband, der sicherlich nicht im Ruf einer aufrührerischen, revolutionären Vereinigung steht. Dort schreibt ein deutscher Nachwuchswissenschaftler aus seiner aktuellen Position einer Associate Professorship der University of California zu dem Thema „Über mangelnde Karrierechancen deutscher Nachwuchswissenschaftler” (Hochschulnachrichten 2004; 6: 301): „Die Perspektiven sind schlecht! Und mit Perspektiven meine ich vor allem: die gefühlten Perspektiven. Mag sein, dass aus einer etablierten Position heraus die Auswahl der Professoren gut erscheint und man hört ja oft genug: ‚Ach, die, die gut sind, kommen immer unter.’ Aber wenn man noch keine Stelle hat, glaubt man das nicht und man kennt auch genug Leute, die als Gegenbeispiel taugen. Wir vertrauen nicht darauf, dass allein die Qualität der eigenen Arbeit ausreicht, um in der Wissenschaft zu bleiben. In Deutschland ist gute Arbeit für den Erfolg nötig, aber nicht ausreichend. Bekanntschaften, und vor allem Zufälle, sind viel stärkere Faktoren. Und da Zufälle nicht vorhersagbar sind, bekommen Karrieren in der Wissenschaft eine unsichere Komponente, die sie völlig aus unserem Einflussbereich herauszieht und damit unattraktiv macht. Die gefühlten Perspektiven sind schlecht.”

Mit diesem Zitat nicht etwa eines Leserbriefschreibers, sondern eines eingeladenen Artikels unter der Überschrift „Wir brauchen echte Perspektiven”, möchte ich es belassen.

Ausgangspunkt war die klinische Forschung. Mir geht es keineswegs darum anzuklagen, vor allem auch nicht einzelne Personen. Mein Ziel ist auch nicht besserwisserische Demotivation; vielmehr geht es mir darum, bei einem Problem, das breit diskutiert wird, das Gegenstand mancher Festrede ist, nicht immer nur darauf hinzuweisen, was andere Böses tun, sondern kritisch zu hinterfragen, ob wir selbst, die Etablierten und Arrivierten des Systems, nicht für bessere Perspektiven des wissenschaftlichen Nachwuchs sorgen, zumindest mit sorgen könnten, und sei es, dass wir strukturelle Mängel nicht nur beklagen, sondern ernsthaft daran gehen, sie zu ändern.

Sehr verehrte Kolleginnen, liebe Kollegen, werte Gäste,

einleitend zu meiner Rede habe ich das hohe Niveau der Deutschen Gastroenterologie beschrieben. Die 60. Jahrestagung soll dieser Feststellung Rechnung tragen und diese Klassifizierung belegen. In einem wiederum umfangreicheren Programm soll sich die Wissenschaft darstellen und der klinische Standard abbilden. Ich hoffe, jeder findet für sich interessante und anregende Vorträge oder Posterpräsentationen. Lassen Sie uns zusammen mit den Kollegen der Viszeralchirurgie und der Grundlagenwissenschaften, aber auch mit den Kollegen der Pathologie, der Pädiatrie, der Sozialmedizin, der Mikrobiologie und anderen Disziplinen die 60. Jahrestagung zu einer Veranstaltung machen, an die man sich noch lange mit Vergnügen erinnert.

Hiermit eröffne ich offiziell die 60. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten zusammen mit der Sektion für gastroenterologische Endoskopie und der Deutschen Gesellschaft für Viszeralmedizin.

Wolfgang Kruis
Präsident DGVS 2005

Prof. Dr. Wolfgang Kruis

Evangelisches Krankenhaus Kalk GmbH, Innere Abteilung

Buchforststraße 2

51103 Köln

Phone: ++ 49/2 21/82 89 52 89

Fax: ++ 49/2 21/82 89 52 91

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