Klin Monbl Augenheilkd 2005; 222(5): 429
DOI: 10.1055/s-2005-858337
Editorial

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Iatrogene Keratektasie nach Lasik - Ein Ende in Sicht?

Iatrogenic Corneal Ectasia after Lasik - Is the End in Sight?T. Seiler1
  • 1IROC Zürich, Schweiz
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Publication Date:
23 May 2005 (online)

Für die refraktive Laserchirurgie liegt in der großen Mehrzahl der Fälle keine medizinische Indikation für einen Eingriff vor. Für eine solche elektive Chirurgie stellen wir daher besondere Anforderungen an Sicherheit und Erfolg. Während in der Anfangsphase der Lasik, also Mitte der 90er-Jahre, mit Komplikationsraten von über 5 % gerechnet werden musste, liegen diese heute in der Größenordnung von 1 %. Bessere Mikrokeratome, bessere und individualisierte Ablationsprofile, veränderte Operationsstrategien, aber auch einfach größeres klinisches Wissen haben zu dieser Verbesserung der Sicherheit des Verfahrens beigetragen.

Wirklich schwere Komplikationen sind nach Lasik sehr selten geworden. Schnittfehler bei der Lamellenerstellung kommen nur noch in weniger als 1 % der Fälle vor und wir wissen heute, wie wir sie ohne Nachteile für den Patienten handhaben können. Infektionen sind bei Operationen unter sterilen Kautelen nicht zu befürchten, treten aber wieder häufiger auf, seit der Medizintourismus auch die refraktive Chirurgie erreicht hat. Im Internet wimmelt es von (deutschsprachigen) Billigangeboten z. B. aus der Türkei und osteuropäischen Ländern. Einschmelzungen des Flaps im Rahmen von prolongierten Entzündungszuständen (z. B. bei diffuser lamellärer Keratitis) wissen wir inzwischen frühzeitig zu behandeln.

Die iatrogene Keratektasie gilt auch heute noch als einer der GAUs der Lasik. Dabei wird durch den oberflächenparallelen Schnitt und die folgende Ablation die mechanische Integrität der Hornhaut derart verletzt, dass sie dem intraokularen Druck nicht mehr standhalten kann - sie beginnt zu „kriechen” und es entsteht ein Keratokonus. Nach der Erstbeschreibung im Jahr 1998 nahm die Obergrenze der Myopiekorrektur durch Lasik sehr schnell auf Werte unter 10 dpt ab, manche Operateure führen heute Lasik nur noch bei Myopien bis zu 8 dpt durch. Die Beschränkung der Reststromadicke (ohne Flap) auf mehr als 250 µm ist nur ein grobes Kriterium und trägt der individuell stark variierenden biomechanischen Festigkeit der Hornhaut nicht Rechnung. Von der Form fruste des Keratokonus wissen wir, dass die Biomechanik alteriert ist und deshalb gilt der forme fruste-Keratokonus heute weltweit als Kontraindikation für Lasik.

Trotz dieser Vorsichtsmaßnahmen kommt es in einigen Fällen nach regulär durchgeführter Lasik zu iatrogenen Keratektasie ohne apparente causa. Da wir die Biomechanik der Hornhaut präoperativ (und postoperativ) nicht vermessen können, bleibt nur die Spekulation einer subklinisch reduzierten Festigkeit der Hornhaus als Erklärung.

War nun der GAU eingetreten, dann verblieben bisher eigentlich nur noch 2 Lösungsstrategien: die formstabile Kontaktlinse oder die Keratoplastik, sei es tief lamellär oder perforierend. Die erste Lösung fiel häufig flach, da die Patienten sich der Lasik unterzogen, weil sie mit Kontaktlinsen nicht mehr zurechtkamen.

Die Dresdner Arbeitsgruppe um Herrn Professor Kohlhaas stellt in diesem Heft eine weitere, elegante Lösung vor - die Quervernetzung der Hornhaut. Das Verfahren ist wenig invasiv und scheint effektiv zu sein. Auch Arbeitsgruppen aus Italien und Griechenland haben auf internationalen Kongressen bereits weitere oft erstaunliche Erfolge bei der Verwendung der Technik bei der iatrogenen Keratektasie gemeldet: signifikante Reduktion des Konus und des induzierten Astigmatismus. Hier ist allerdings Zurückhaltung angesagt, da durch die Quervernetzung primär nur ein „Einfrieren” der Hornhautform erwartet werden kann und eine Verbesserung nur beschränkt möglich ist, wie Wollensak und Mitarbeiter beim normalen Keratokonus zeigten.

Gewiss, die iatrogene Keratektasie ist eine seltene Komplikation der Lasik, aber die Folgen sind für eine elektive Operation katastrophal. Mit der Arbeit von Kohlhaas hat sie jedoch einiges an Schrecken verloren, kann man doch jetzt beim ersten Anzeichen von Keratektasie das Geschehen befrieden. Ein weiterer Schritt, die refraktive Chirurgie sicherer zu machen!

Prof. Dr. Dr. Theo Seiler

Zolliker Str. 164

8008 Zürich, Schweiz

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