intensiv 2005; 13(3): 97-101
DOI: 10.1055/s-2005-858313
Intensivpflege

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Zustand Wachkoma vs. Prozess Wachkoma oder: „Der Mensch kann nicht nicht kommunizieren” (Paul Watzlawik)

Marcello Ciarrettino1
  • 1Gesundheits- und Pflegewissenschaftliches Institut St. Elisabeth
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Publication Date:
31 May 2005 (online)

Einleitung

Der Fall Terri Schiavo hat weltweit Diskussionen über das Thema Wachkoma und die Bedeutung des mutmaßlichen Patientenwillens ausgelöst. Auch unter Pflegenden in Deutschland stößt der Fall einen kontroversen und fachlichen Meinungsaustausch an. Hierbei fällt auf, dass in der Diskussion immer noch neurologische Begriffe unklar oder falsch verwendet werden. So wurde in den Medien z. B. immer wieder der Begriff Hirntod in Verbindung mit der US-Amerikanerin Terri Schiavo aufgebracht, die aber im Prozess Wachkoma war. Die Assoziation mit dem Hirntod ist faktisch falsch und führt zu fragwürdigen Kurzschlüssen, die die Diskussion nicht zuletzt auch aus rechtlicher Sicht in ein falsches Fahrwasser führen. Terri Schiavo zeigte eindeutig eine Spontanatmung. Dieses Faktum entspricht nicht den Kriterien eines Hirntods der Deutschen Stiftung Organtransplantation [1], da bei Frau Schiavo das Atemzentrum nicht ausgefallen sein konnte. In der öffentlichen und medialen Diskussion konnte zeitweise der Eindruck entstehen, dass es um die Frage ginge, ob ein Mensch in dem Zustand von Terri Schiavo getötet werden darf. Sowohl aus der Perspektive des deutschen Grundgesetzes als auch aus pflegeethischer Sicht muss die Fragestellung als nicht legitim zurückgewiesen werden. Im Folgenden soll diese Sichtweise begründet werden und auf die eigentliche Fragestellung, ob Terri Schiavo mutmaßlich die Fortführung lebensverlängernder Maßnahmen, wie der künstlichen enteralen Ernährung, gewollt hätte, zurückgeführt werden.

Nach dem Vorschlag einer möglichen Definition des Wachkomas mit einer Unterteilung in die Bereiche Zustand Wachkoma und Prozess Wachkoma wird der Ansatz einer fördernden und rehabilitativen Pflege anhand dreier Aspekte einer Pflegetherapie aufgezeigt, die eine Entwicklung von Menschen im Wachkoma ermöglicht.

Literatur

  • 1 Bundesärztekammer . Richtlinien zur Feststellung des Hirntodes.  Deutsches Ärzteblatt. 1998;  95 (30) A-1861
  • 2 Zieger A. Kriterien für die Einschätzung der Wahrnehmungssituation.  NOT. 2000;  9 30-33
  • 3 Bienstein C. Be-wusst-los. Pflege von bewusstlosen Patienten. Düsseldorf; Verlag Selbstbestimmtes Leben 1994
  • 4 Plenter C. Ethische Aspekte in der Pflege von Wachkoma Patienten. Hannover; Schlütersche 2001
  • 5 Zieger A. Neurorehabilitation bei diffuser Hirnschädigung. Bad Honnef; Hippocampus 2004
  • 6 Gerstenbrand F. Das traumatische apallische Syndrom. Heidelberg; Springer 1967
  • 7 Schwörer C. Der apallische Patient. Aktivierende Pflege und therapeutische Hilfe im Langzeitbereich. München; Urban & Fischer 1995
  • 8 International Council of Nurses: ICN-Ethik-Kodex für Pflegende.   , http://www.dbfk.de/bv/ICNethikkodex.htm (24.04.2005)
  • 9 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland.  , http://bundesrecht.juris.de/bundesrecht/gg/(26.4.2005)
  • 10 Nusser-Müller-Busch R. Die Therapie des facio-oralen Trakts. Berlin; Springer 2004

Marcello Ciarrettino

Gesundheits- und Pflegewissenschaftliches Institut St. Elisabeth

Beethovenstraße 15

45128 Essen

Email: m.ciarrettino@elisabeth-essen.de

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