Dtsch Med Wochenschr 2004; 129(22): 1277
DOI: 10.1055/s-2004-826857
Leserbriefe

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Die Entwicklung eines toxischen Megakolons bei Knollenblätterpilzvergiftung

Zum Beitrag aus DMW 4/2004
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Publication Date:
21 July 2004 (online)

1. „71-jähriger, körperlich bisher gesunder Mann ... 180 cm, 122 kg ...“: Frage: Ist ein BMI von 38 - deutliche Adipositas - noch als „gesund“ zu bezeichnen? [1]

2. „ ... hatte allein eine Pilzmahlzeit aus drei gleich aussehenden, selbst gesammelten Pilzen eingenommen, die er für Wiesenchampignons (Agaricus campestris) hielt...“: Da Wiesenchampignon, wie der Name sagt, auf der Wiese wachsen, Knollenblätterpilze aber so gut wie immer im Wald, sollte bei Verdacht auf Pilzvergiftung nach dem Fundort genau gefragt werden.

3. „Nach typischer Latenz von etwa 8 Stunden entwickelte sich Erbrechen und heftige Diarrhoen...“: Laut Moeschlin ist „Typisch ... (für eine Knollenblätterpilzvergiftung (Klinik der Gegenwart, Bd. 3, E 321-323, 1984) die lange Latenzzeit bis zum Auftreten der ersten Erscheinungen ... ferner das in den ersten Tagen vollkommen ungetrübte Sensorium ... In leichten Fällen treten nach 8 bis 14 Stunden, eventuell erst später, Erbrechen und Durchfälle auf ... Therapie: ... Magen-Spülung. Hat bei Erbrechen und Durchfällen keinen Sinn mehr. ... Leberschutztherapie: Penicillin und Silibinin ( = Legalon) ... 30 Mio J.E. Penicillin tgl. und … Legalon … Kortikosteroide: Anfänglich Hydrocortison 3 × tägl. 300 mg i. v., erst später Prednisolon, da kranke Leber dieses anfänglich nicht in die wirksame Form überführen kann ...“.

Gerade die in schweren Fällen sehr lange Latenzzeit bis zum Auftreten klinischer Erscheinungen ist typisch für die Knollenblätterpilzvergiftung, die genaue Erfragung des Zeitpunktes der evtl. Giftmahlzeit also von höchster differenzialdiagnostischer Bedeutung. Da schon ein einziger Knollenblätterpilz tödliche Vergiftungen verursachen kann - sogar kurzzeitige Lagerung eines einzigen Knollenblätterpilzes in einer Tüte mit anderen Pilzen soll zur Toxinübertragung und zur Vergiftung ausreichen können - sollten Pilzsammler offene Körbe, nie Plastiktüten beim Sammeln benutzen. Möglichst gründliche Giftelimination ist die erste und wichtigste Therapiemaßnahme. Da Pilze generell sehr lange, gelegentlich über 24 Stunden, im Magen verbleiben können, ist also eine endoskopisch-unterstützte und -kontrollierte gründliche Magenspülung immer in Erwägung zu ziehen. Die Gefahr einer Aspirationspneumonie ist bei endoskopischem Vorgehen erheblich geringer, Moeschlins oben zitierte Einschränkung also heute zu relativieren.

4. Eyer hat die diagnostischen Unsicherheiten bei der Annahme eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen der Amatoxinvergiftung und dem aufgetretenen toxischen Megakolon, auch z. T. mit ihren jeweiligen Kontraindikationen bei der medikamentösen Knollenblätterpilzvergiftung, sowie die Differenzialdiagnose eingehend behandelt, so dass die Möglichkeit einer anderen Deutung, z. B. einer doch medikamentösen Verursachung - Prednison, Budesonid, Cefuroxim, Ampicillin, Sulbactam, Mesalazin, Loperamid, Tct. Opii - offenbleiben muss.

Literatur

  • 1 Eyer F, Felgenhauer N, Zilker T. Die Entwicklung eines toxischen Megakolons bei Knollenblätterpilzvergiftungen.  Dtsch Med Wochenschr. 2004;  129 137-140

Dr. med. Lothar Schute

Südring 56

63500 Seligenstadt

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