Dtsch Med Wochenschr 2004; 129(21): 1209-1214
DOI: 10.1055/s-2004-824873
Übersichten
Gesundheitsökonomie
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Krankenhauslandschaft in Deutschland - Ein Markt im Umbruch

The German Healthcare sector - a market in transitionC. Schmidt1 , J. Möller2 , T. Gabbert3 , A. Mohr4 , F. Engeler3
  • 1Klinik für Allgemeine Chirurgie und Thoraxchirurgie der Universität Kiel
  • 2Fakultät für Gesundheitswissenschaften, AG 5: Management im Gesundheitswesen, Universität Bielefeld
  • 3HSH Nordbank Corporate Finance GmbH, Hamburg
  • 4Klinik für Radiologische Diagnostik der Universität Kiel
Further Information

Publication History

eingereicht: 19.9.2003

akzeptiert: 18.3.2004

Publication Date:
21 July 2004 (online)

Zusammenfassung

Das Gesundheitswesen in Deutschland steht vor einem tief greifenden Wandel, der in den nächsten Jahren vor allem den Krankenhausmarkt verändern wird. Dabei wird dieser Markt insbesondere von Privatisierungen und Verkäufen zahlreicher Kliniken charakterisiert werden. Hiervon werden vor allem Krankenhäuser in öffentlicher Trägerschaft betroffen sein, da hier die Diskrepanz zwischen Investitionsbedarf und zur Verfügung stehenden Mitteln am größten ist. Krankenhäuser in privater Trägerschaft sind hinsichtlich dieser Investitionen im Vorteil, da sie Finanzmittel über den Kapitalmarkt beschaffen können und unabhängig vom öffentlichen Dienst-, Bau- und Einkaufsrecht sind. Trotz enormer Reglementierung können private Träger daher durch effizientes Management und effektive Strukturen EBIT-Margen (Earning before interests and taxes = Ergebnis vor Zinsen und Ertragssteuern) von 15-20 % erwirtschaften, die für Krankenhäuser in öffentlicher Trägerschaft insbesondere wegen unterschiedlicher Strukturen derzeit unvorstellbar sind. Als Lösung bieten sich für Akutkrankenhäuser in öffentlicher Trägerschaft mehrere Strategien an, die den Rechtsformwandel zur GmbH bzw. AG, den Anschluss an einen privaten Investor im Gesundheitswesen oder die Kooperation im Rahmen von Verbundstrategien und Fusionen beinhalten. Für öffentliche Kliniken wäre auch die monistische Krankenhausfinanzierung ein Ausweg aus der Finanzlage. Diese ist politisch derzeit jedoch als unwahrscheinlich einzustufen. Für die nächsten 10 Jahre ist daher mit einem Anwachsen der privaten Krankenhausketten auf bis zu 50 % Marktanteil zu rechnen.

Summary

The German healthcare sector is in transition. The current changes are believed to have substantial impact on the hospital market. A large number of privatisations are expected that will manly affect community hospitals, due to tight budgets of the public hospital owners. That has lead to a gap between financial resources and demand for investments (capex backlog). Private hospital operators benefit from this situation. Despite a large number of government regulations private hospital owners reach EBIT margins (earnings before interests and taxes) between 15-20 % through efficient management of their facilities. Public hospitals do not even come close to that margin also due to shortcomings in their organizational structure. One root cause for the success of privately managed hospitals is their access to financial resources on the capital market and absence of government regulations for investments in infrastructure and personnel. As for community hospitals, three options are realistic which consist of going public, strive for monistic reimbursement system and change of the legal status including the search for strategic partner. An alternative might be in forming alliances and co-operations with other hospitals. To restore competitiveness of public hospitals a new reimbursement system would be necessary i. e. a change from the dualistic to a monistic financial system. As these changes can not realistically be expected in the near future it is likely that market shares of private hospitals in Germany will increase up to 50 % in the long term.

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Dr. Christian Schmidt, MPH

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