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DOI: 10.1055/s-2004-818848
Schutzimpfungen bei Kindern
Publication History
Publication Date:
01 July 2004 (online)
Pro
Dr. phil. Frieda Dockx-Reinken
Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin und u.a. Abteilungsleiterin Gesundheitshilfe, Gesundheitsförderung am Gesundheitsamt der Stadt Hamm
Impfungen gehören zu den effektivsten Präventivmaßnahmen der Medizin. Die Impfung schützt die geimpfte Person vor einer Krankheit. Andererseits können Krankheiten bei Erreichen hoher Durchimpfungsraten regional eliminiert und sogar ausgerottet werden. So haben weltweite Impfprogramme die Pocken zu einer Erkrankung von nur noch historischer Bedeutung gemacht, würde die momentane terroristische Problematik die Bedrohung durch Pocken nicht wieder aktualisieren.
Die aktive Immunisierung, die eigentliche Schutzimpfung, setzt voraus, dass Antigene des krankmachenden Erregers zu einem Impfstoff mit der gewünschten Schutzwirkung verarbeitet werden können. Der Körper setzt sich mit diesen Antigenen in kontrollierter und begrenzter Form auseinander und bildet gegen diese bzw. deren Substanzen humorale und zelluläre Antikörper.
Bei der passiven Immunisierung erhält der ungeschützte Patient Antikörper, die bereits ein anderer Organismus gebildet hat.
Bei der Simultanprophylaxe (aktiv-passive Immunisierung) wird durch die gleichzeitige Verabreichung des Impfstoffes mit dem Antikörper versucht, einen schnell einsetzenden Sofortschutz und eine langanhaltende Immunität zu erreichen.
In Deutschland besteht keine Impfpflicht. Die Ständige Impfkommission (STIKO), ein Sachverständigengremium am Robert-Koch-Institut, erarbeitet stets aktualisierte Impfempfehlungen. Die Länder der Bundesrepublik sprechen - weitestgehend auf der Grundlage der STIKO-Empfehlungen - öffentliche Impfempfehlungen aus und betonen damit die Wichtigkeit der Impfungen als effektive Präventionsmaßnahme. Bei Auftreten eines Impfschadens durch "öffentlich empfohlene Impfungen" leisten die Bundesländer Versorgung.
Der aktuelle Impfkalender umfasst für Säuglinge, Kinder und Jugendliche Impfungen zum Schutz vor Diphtherie, Tetanus, Pertussis, Haemophilus influenzae Typ b, Hepatitis B, Poliomyelitis, Masern, Mumps und Röteln. Impfungen sollten zum frühestmöglichen Zeitpunkt durchgeführt werden. In der Regel sind Auffrischungsimpfungen notwendig.
Beispiel Masern
Am Beispiel der Masern lässt sich die Wichtigkeit einer Impfung erläutern. Weltweit sterben jedes Jahr 1.000.000 Kinder unter fünf Jahren an Masern. Fälschlicherweise oft als harmlose Kinderkrankheit dargestellt, führen die Masern auch unter den sozial günstigen Bedingungen der Bundesrepublik oft zu Komplikationen, am häufigsten Otitis media, Bronchitis und Pneumonie, in seltenen Fällen mit tödlichem Ausgang. Eine besonders gefürchtete Komplikation, die akute postinfektiöse Enzephalitis, zu der es in 0,1 % der Erkrankungsfälle kommt, endet bei etwa 10-20 % der Betroffenen tödlich und führt bei bis zu 30 % zu Residualschäden am ZNS. Die subakut sklerosierende Panenzephalitis (SSPE) stellt eine seltene Spätkomplikation (bis zu 5 Fälle pro 1 Mio. Erkrankungen) dar. Die SSPE manifestiert sich nach etwa 6-8 Jahren, der progressive Verlauf führt zum Verlust zerebraler Funktionen und letztendlich zum Tod. Eine Impfung schützt vor der Masernerkrankung und ihren gefürchteten Komplikationen.
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Impfrisiko
Das Risiko, nicht geimpft zu sein, ist größer als das Risiko des Impfens, dennoch sollte man mögliche Impfreaktionen und Impfkomplikationen erwähnen. Moderne Impfstoffe sind gut verträglich. Hohe Qualitätsstandards bei der Impfstoffherstellung sowie laufende Qualitätskontrollen und engmaschige Beobachtung eventueller negativer Impfstoffwirkungen vor und nach der Zulassung eines neuen Impfstoffes minimieren das Impfrisiko. Trotzdem ist keine Schutzimpfung vollständig frei von Nebenwirkungen. Leichte Lokal- und Allgemeinreaktionen kommen bei manchen Impfstoffen gelegentlich vor. Gesundheitlich bedeutsame Komplikationen sind allerdings sehr selten. Wichtig ist, dass der impfende Arzt vor jeder Impfung die Indikation zur Impfung bzw. eventuelle Kontraindikationen, die sehr selten vorliegen, überprüft.
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Fazit
Impfungen gehören zu den wichtigsten Präventivmaßnahmen, sie beugen infektiösen Krankheiten vor, gegen die es noch keine anderweitige oder ausreichende Therapie gibt oder bei denen die Behandlung zu spät käme. Um den maximalen Schutz vor lebensbedrohlichen Erkrankungen zu erreichen, ist eine Impfung zum frühestmöglichen Zeitpunkt wichtig. Moderne Impfstoffe sind sicher und nebenwirkungsarm. Das Risiko des Nichtimpfens ist deutlich größer als das Impfrisiko.
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