Fortschr Neurol Psychiatr 2004; 72(4): 183-184
DOI: 10.1055/s-2004-818430
Editorial
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Therapie und Prophylaxe der Alzheimer-Demenz

Therapy and Prophylaxis of Alzheimer's DementiaJ.  Kornhuber
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Publication Date:
19 April 2004 (online)

Der Artikel von Karkos zu „Immuntherapie der Alzheimerdemenz, Experimentelle Untersuchungsergebnisse und Behandlungsperspektiven” in diesem Heft stellt einen neuen Therapieansatz der Immunisierung bei Alzheimer-Demenz dar, ausgehend von tierexperimentellen Ergebnissen, über klinischen Erfahrungen und Zukunftsperspektiven.

Parallel zu dieser viel diskutierten neuen Sichtweise entwickeln sich derzeit weniger wahrgenommene Erkenntnisse, die ebenfalls große therapeutische Veränderungen nach sich ziehen werden. Dazu gehört die Sichtweise der Alzheimer-Demenz als eine Mikroangiopathie.

Die nicht veränderbaren Risikofaktoren der Alzheimer-Demenz, wie hohes Lebensalter, oder genetische Faktoren wurden bislang in der Diskussion der Pathogenese stark betont. Dies führte zu der gängigen Ansicht, dass die Entwicklung einer Alzheimer-Demenz als kaum veränderbar hingenommen werden müsse. In den letzten Jahren wurde jedoch zunehmend klar, dass es viele vermeidbare Risikofaktoren, wie Diabetes mellitus, Hypercholesterinämie, Hyperhomocysteinämie, arterielle Hypertonie und Übergewicht gibt [1] [3] [4]. Die vermeidbaren Risikofaktoren der Alzheimer-Demenz gehören großteils zur Gruppe der vaskulären Risikofaktoren.

Schon Alzheimer selbst wies auf vaskuläre Veränderungen im Gehirn betroffener Patienten hin [2]. Diese Befunde konnten durch spätere Untersuchungen bestätigt werden [6]. Wahrscheinlich führen mikroangiopathische Durchblutungsstörungen und Sauerstoffmangel zu den bekannten biochemischen und histopathologischen Veränderungen, nämlich zu extrazellulären Ablagerungen von Aβ-Peptiden sowie intrazellulären Ablagerungen von pathologisch hyperphoshoryliertem Tau-Protein.

Die Alzheimer-Erkrankung entwickelt sich im Gehirn zunächst unbemerkt und langsam schleichend über viele Jahre. Der Gesamtverlauf von den ersten histopathologischen Veränderungen bis zur beginnenden Alzheimer-Demenz beträgt im Durchschnitt 30 Jahre. Dies passt gut zu epidemiologischen Studien, aus denen deutlich wird, dass vaskulären Risikofaktoren im mittleren Lebensalter entscheidend für die Entwicklung einer später auftretenden Alzheimer-Demenz sind.

Können wir tatsächlich durch eine Modifikation vaskulärer Risikofaktoren im mittleren Lebensalter das Risiko einer späteren Alzheimer-Demenz reduzieren? Derzeit fehlen prospektive Interventionsstudien, beginnend ab dem mittleren Lebensalter. Wir sollten jedoch nicht 30 Jahre auf das Ergebnis derartiger Studien warten, sondern schon jetzt durch eine veränderte Lebensführung im mittleren Lebensalter vaskuläre Risikofaktoren minimieren [5]. Dazu gehört das Vermeiden von Hypercholesterinämie, Hyperhomocysteinämie, arterieller Hypertonie und von Übergewicht. Auf dem Speiseplan sollten regelmäßig Fisch, Obst und Gemüse stehen. Auch ausreichende Bewegung minimiert vaskuläre Risikofaktoren. Diese Diätempfehlungen sind preiswert, risikoarm und schützen gleichzeitig vor kardiovaskulären Ereignissen.

Literatur

  • 1 Aksari P, Stoppe G. Risikofaktoren der Alzheimer-Demenz.  Fortschr Neurol Psychiat. 1996;  64 425-432
  • 2 Alzheimer A. Über eine eigenartige Erkrankung der Hirnrinde.  Allg Zeitschr f Psychiatrie und psychiatrisch-gerichtliche Medizin. 1907;  64 145-148
  • 3 Behl C, Holsboer F. Oxidativer Stress in der Pathogenese von Morbus Alzheimer und antioxidative Neuroprotektion.  Fortschr Neurol Psychiat. 1998;  66 113-121
  • 4 Kessler H, Bleich S, Falkai P, Supprian T. Homocysteine und Demenz.  Fortschr Neurol Psychiat. 2003;  71 150-156
  • 5 Pope S K, Shue V M, Beck C. Will a healthy lifestyle help prevent Alzheimer's disease?.  Annu Rev Public Health. 2003;  24 111-132
  • 6 Scheibel A B, Duong T H, Jacobs R. Alzheimer's disease as a capillary dementia.  Ann Med. 1989;  21 103-107

Prof. Dr. Johannes Kornhuber

Klinik mit Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universität Erlangen-Nürnberg

Schwabachanlage 6 - 10

91054 Erlangen

Email: Johannes.Kornhuber@psych.imed.uni-erlangen.de

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