manuelletherapie 2004; 8(3): 93-94
DOI: 10.1055/s-2004-813346
Editorial

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Editorial

 
Further Information

Publication History

Publication Date:
19 August 2004 (online)

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

zuerst möchte ich dem gesamten an der Manuelle Therapie beteiligten Team gratulieren. Die Verbesserungen des Layouts und positiven Entwicklungen der Zeitschrift über die Jahre zeigen, dass die Verleger und Herausgeber mit den allgemeinen Veränderungen in der Welt der Physiotherapie/Manuellen Therapie mitgehen. Die gestiegene Anzahl der jährlich erscheinenden Ausgaben reflektiert offensichtlich die Zunahme des eingehenden und brauchbaren Materials für die Zeitschrift.

Ich hoffe, dass alle, die bei der IFOMT-Konferenz 2004 in Kapstadt/Südafrika dabei waren, so viele neue Erfahrungen mit nach Hause gebracht haben wie ich. Nationale oder internationale Konferenzen bieten viele Möglichkeiten:

Erstens lassen sich dabei mit Kollegen Ansichten, Meinungen, Erfahrungen und Probleme austauschen. Besonders bei den internationalen Konferenzen ist es tröstlich zu hören, dass viele andere Länder gleiche oder ähnliche politische und finanzielle Kämpfe in Bezug auf Anerkennung, Verordnungen und Bezahlung der Physiotherapie und im Bereich der Spezialisierung wie Manueller Therapie haben. Andererseits können alle von anderen Länder- und Verbandserfahrungen lernen. So wurde beispielsweise in Norwegen gerade ein Modell durchgeführt, das sich damit beschäftigt, die Kosten im Gesundheitssystem zu vermindern, indem Physiotherapeuten als erste Kontaktpersonen fungieren (für weitere Informationen: www.ifomt.org).

Zweitens helfen solche Konferenzen, um den aktuellen Stand der Forschungsentwicklung zu erfahren. Der derzeitige Trend zur Evidence-based Therapie und der Mangel an finanziellen Mitteln bedeutet, dass die Therapeuten in der Lage sein müssen zu beweisen, dass ihre Arbeit sowohl effizient als auch wirksam ist. In diesem Fachbereich gibt es genügend Beweise dafür, und die Patienten wissen es sicherlich auch. Nun liegt es an uns, andere relevante Parteien wie Ärzte, Versicherungsträger und die Regierung dazu zu bringen, dies zu erkennen.

Die offensichtliche Frage ist dann, wie sich das erreichen lässt. Es gibt mehrere Wege. Zunächst kann die betreffende Forschungsinformation öffentlich bekannt gemacht werden. Zwar sind unsere Patienten, Versicherungsträger und Politiker nicht dazu zu bewegen, alle relevanten Artikel zu lesen, es können jedoch klinische Richtlinien festgelegt werden (z. B. in den Niederlanden für LWS-Schmerzen; für weitere Informationen: www.kgnf.nl) oder so genannte Position Statements (wie z. B. die von der Australian Physiotherapy Association und Musculoskeletal Physiotherapy Australia herausgegebenen).

Bei den Position Statements handelt es sich um verschiedene Empfehlungen für das Management verschiedener Bereiche, die auf dem neuesten Beweismaterial aus der Literatur basieren. Sie bestehen aus 2 Teilen:

Zusammenfassung von Beweismaterial für einige typische therapeutische Maßnahmen; Auflistung aller bewerteten Artikel mit jeweils einer Zusammenfassung der Ergebnisse und komplettem Literaturverzeichnis.

Für jedes Position Statement wurden nur Beweise des Level I (Systematic reviews) und II (Randomised control trials) geprüft. Klinische Richtlinien umfassen andererseits Empfehlungen für Befund- und Behandlungsverfahren, die auf gegenwärtiger relevanter Forschung basieren. Leider gibt es in Deutschland bis heute keine physiotherapeutischen klinischen Richtlinien oder Position Statements.

Außerdem besteht eine kontinuierliche aktive Verpflichtung gegenüber klinisch relevanter und Evidence-based Forschung, und die Studien müssen nicht nur in Physiotherapie-Zeitschriften, sondern auch in Publikationen erscheinen, die unsere „Arbeitgeber” lesen.

Schließlich gilt es, die auch in anderen Ländern aufkommenden Trends zu unterstützen, wie z. B. Spezialisierungen wie die OMT-Ausbildung. Obwohl die OMT bislang nicht mit finanziellen Einnahmen belohnt wird, sollte das Hauptziel darin bestehen, unseren Patienten bestmögliche Therapien und Management zu bieten. Gleichzeitig müssen wir in der Lage sein, diese Behandlung mit bewährter Forschung zu unterstützen. Die OMT-Ausbildung liefert unter anderem ein tieferes Wissen, das uns hilft, das Problem selbst ebenso wie die mit jedem einzelnen Problem des Patienten verbundenen Prozesse zu verstehen. Außerdem ist die Fähigkeit entscheidend, Forschung kritisch zu analysieren und sowohl Informationen herauszuziehen, die für die klinische Praxis relevant sind als auch dies auf Patienten anzuwenden.

Schließlich ist eventuell von größter Bedeutung ist, für den Beruf des Physiotherapeuten mehr Akzeptanz und Respekt zu schaffen, damit die oben genannten Punkte ihren Sinn nicht verlieren. Bei den relevanten Themen müssen wir verstärkt mitmischen und unser Wissen zeigen.

Ich glaube, unsere Arbeit als Physiotherapeuten findet nicht nur in der Praxis statt. Unser gesamter Berufsstand und jeder Einzelne müssen zeigen und beweisen können, dass wir auf dem neusten Stand sind, uns weiterbilden und damit bessere Therapeuten, vor allem zugunsten unserer Patienten werden.

Ich freue mich auf meine Zeit als Präsidentin der DFAMT und hoffe, die oben genannten Punkte realisieren zu können.

Für alle Interessierten finden sich die Abstracts der IFOMT 2004 in der Manuelle Therapie und im Internet.

Viel Spaß beim Lesen dieser Ausgabe der Zeitschrift.

Fiona Morrison, Präsidentin der DFAMT

    >