intensiv 2004; 12(3): 139-140
DOI: 10.1055/s-2004-813232
Abstract

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Ambulant erworbene Pneumonie: Beeinflusst die Eintragung „keine Reanimation” auf der Krankenakte den klinischen Verlauf?

Hardy-Thorsten Panknin1
  • 1Berlin
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Publication Date:
12 May 2004 (online)

Ambulant erworbene Pneumonien sind häufige Erkrankungen, die allein in den USA jedes Jahr schätzungsweise vier Millionen Menschen betreffen. In 600 000 dieser Fälle erfolgt eine Krankenhauseinweisung.

Es ist bekannt, dass gerade ältere Menschen > 60 Jahre den größten Teil derjenigen Patienten stellen, die wegen einer Pneumonie ins Krankenhaus eingewiesen werden müssen.

12 - 18 % dieser Patienten kommen aus einem Altenpflegeheim. Während die mittlere Krankenhausletalität für alle Patienten mit ambulant erworbener Pneumonie je nach Studie bei 9 - 17 % liegt, beträgt sie für Patienten, die aus einem Altenpflegeheim kommen, ca. 40 %.

Bei einem Teil dieser Patienten hängt der letztlich tödliche Verlauf einer solchen Erkrankung sicher auch damit zusammen, dass sie nur den Endpunkt einer Serie anderer, zugrunde liegender Vorerkrankungen darstellt, wie beispielsweise einer Demenz, einer malignen Erkrankung oder einer fortgeschrittenen Gefäßsklerose.

In solchen Fällen wird auf der Krankenakte nicht selten der Vermerk „keine Reanimation“ angebracht.

Hierbei handelt es sich meist um eine zwischen Ärzten, Pflegenden und Angehörigen gemeinsam getroffene Entscheidung, die in einigen Krankenhäusern darüber hinaus aufgrund schriftlich festgelegter Kriterien getroffen wird.

Es war jedoch bisher nicht bekannt, welche Auswirkungen eine solche Entscheidung auf den Krankheitsverlauf bei ambulant erworbenen Pneumonien haben.

In der vorliegenden Untersuchung, die von Dr. Thomas Marrie vom Mackenzie-Gesundheitszentrum in Edmonton, Alberta/Kanada, geleitet wurde, werteten die Autoren die Krankenakten von 2287 Patienten mit ambulant erworbener Pneumonie aus.

Die zugrunde liegenden Pneumoniefälle waren während einer vorangegangenen prospektiven Studie über Anfang der 90er-Jahre in folgenden Kliniken gesammelt worden:

Universitätsklinik von Pittsburgh/USA (942 Betten); St. Francis Medical Center, Pittsburgh/USA (427 Betten); Massachussetts General Hospital, Boston/USA (899 Betten); Victoria General Hospital, Halifax, Neuschottland, Kanada (637 Betten).

Es wurden nur Akten von Patienten mit dem Einweisungsgrund „Pneumonie” ausgewertet, wobei die Diagnose anschließend durch Röntgenaufnahmen und Labortests bestätigt werden musste. Eine solche Bestätigung der Diagnose lag bei 1339 der initial eingeschlossenen 2287 Patienten vor.

Die Autoren stellten fest, dass bei 199 von 1339 Patienten (14,9 %) der Eintrag „keine Reanimation” in die Patientenakte bereits innerhalb der ersten 24 Stunden nach Krankenhausaufnahme vorgenommen wurde, bei weiteren 96 Patienten (7,2 %) erfolgte dieser Eintrag später (zwischen dem 2. und 30. Krankenhaustag).

Die Eintragung „keine Reanimation” zeigte eine sehr deutliche Korrelation mit dem Alter der Patienten; unter den > 90-jährigen Patienten erhielten 67 % einen solchen Eintrag (Abb. [1]).

53 % der Patienten, die innerhalb der ersten 24 Stunden einen „keine-Reanimation”-Eintrag erhielten, kamen aus einem Altenpflegeheim.

In einer Multivarianzanalyse untersuchten die Autoren, welche Faktoren für die Entscheidung, auf eine Reanimation zu verzichten, ausschlaggebend waren.

Es zeigte sich, dass folgende Faktoren signifikant mit einem Eintrag assoziiert waren:

hohes Alter; Aufnahme aus einem Pflegeheim; Krebserkrankung; chronische Lungenerkrankungen; Demenz; Zerebralsklerose; neuromuskuläre Erkrankungen.

Innerhalb der ersten 30 Tage nach der Aufnahme erlitten die Patienten mit einem „keine-Reanimation-Eintrag” signifikant häufiger Komplikationen wie akutes Lungenversagen, dekompensierte Herzinsuffizienz, Schock, Vorhofflimmern, Mykoardinfarkt, ventrikuläre Rhythmusstörungen, gastrointestinale Blutungen, pseudomembranöse Kolitis und Nierenversagen. 78 von 89 Todesfällen im Krankenhaus (88 %) traten bei Patienten ein, die einen „keine-Reanimation-Eintrag” hatten.

Literatur

  • 1 Marrie T J. et al . Community-acquired pneumonia and do not resuscitate orders.  J Amer Geriatr Soc. 2002;  50 290-299

Hardy-Thorsten Panknin

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