intensiv 2004; 12(2): 68-74
DOI: 10.1055/s-2004-812934
Intensivpflege

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Komplette und inkomplette Bauchlage beim akuten Lungenversagen. Pflegerische Aspekte beim Vergleich der Effekte auf pulmonalen Gasaustausch und Nebenwirkungsrate

Karl Sabel1 , Thomas Bein2 , Albrecht Scherer3 , Csilla Papp-Jambor3 , Rolf Dubb4 , Markus Hekler4
  • 1Innere Medizin I, Klinikum der Universität Regensburg
  • 2Klinik für Anästhesiologie, Klinikum der Universität Regensburg
  • 3Klinik für Anästhesiologie, Zentralklinikum Augsburg
  • 4Operative Intensivstation, Klinikum Stuttgart, Katharinenhospital
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Publication Date:
30 March 2004 (online)

Patienten mit respiratorischer Insuffizienz verschiedener Schweregrade bis hin zum ARDS haben einen erheblichen Anteil am Alltag auf der Intensivstation.

So hat allein auf unserer internistischen Intensivstation der Anteil beatmeter Patienten in den letzten fünf Jahren von etwa 51 % im Jahr 1997 auf über 65 % im Jahr 2002 kontinuierlich zugenommen.

Die Therapie der respiratorischen Störung stützt sich im Wesentlichen auf drei Säulen, deren Effekte darauf abzielen, eine Steigerung der Überlebensrate zu erzielen.

Als die drei wesentlichen Aspekte dieser Therapie lassen sich die

individuell angepasste Respiratorunterstützung, eine situationsbezogene Volumentherapie sowie eine krankheitsbildbezogene Lagerungstherapie

ansehen.

Die Bauchlage als Teilaspekt der kinetischen Therapie hat sich mittlerweile zu einem etablierten Verfahren in der Intensivpflege bzw. Intensivmedizin entwickelt.

Während zunächst fast ausschließlich die komplette Bauchlage angewandt wurde, hat auch die inkomplette Bauchlage (häufiger auch als 135°-Seitenlage bezeichnet) sehr viele Anhänger gefunden.

So kann man zusammen mit der lateralen Rotationstherapie von drei eigenständigen Verfahren innerhalb der kinetischen Therapie sprechen.

Allerdings ist es sehr schwierig, den Effekt der einzelnen Lagerungsverfahren einander gegenüberzustellen. So ist es bisher nicht erwiesen, ob die inkomplette Bauchlage, die allgemein als risikoärmeres Verfahren angesehen wird, der kompletten Bauchlage hinsichtlich der Nebenwirkungsrate in diesem eher pflegerischen Kompetenzbereich tatsächlich überlegen ist.

Ebenso gibt es bis dato keinen Beweis dafür, dass die inkomplette Bauchlage auch tatsächlich den gleichen positiven Effekt auf die Oxygenierung erzielt wie die komplette Bauchlage.

Dies wurde in einer randomisierten Multicenterstudie untersucht, an der sich unter Leitung von Prof. T. Bein von der Klinik für Anästhesiologie am Klinikum der Universität Regensburg die Intensivstationen des Zentralklinikums Augsburg, des Klinikums Stuttgart (Katharinenhospital) und des Klinikums der Universität Regensburg beteiligten.

Bauchlage:

Drehung des Patienten um seine Längsachse um 180° Complete Prone Position (CPP)

inkomplette Bauchlage:

etwas weniger invasive Form der Bauchlage (135°-)Bauchlage Incomplete Prone Position (IPP)

Der Wirkmechanismus, den man sich bei der Drehung des Patienten auf den Bauch zunutze macht, ist die Wiedereröffnung vormals dorsobasaler Atelektasen, welche bereits nach kurzer Zeit der immobilen Rückenlage entstehen und so die normalerweise zur Verfügung stehende Gasaustauschfläche erheblich verkleinern.

Gleichzeitig scheint eine Veränderung der diaphragmalen Geometrie in Kombination mit einer Reduzierung der globalen Ventilations-Perfusions-Fehlverteilung hier einen positiven Beitrag zu leisten.

Während diese beiden Effekte im Tierexperiment bereits nachgewiesen werden konnten, ist die Drainage tracheobronchealen Sekrets bisher durch keine Studie belegt, wenngleich der geplagte Betrachter vielfach einen steigenden Sekretfluss nach der Drehung in die Bauchlage beobachten und absaugen kann.

Literatur

  • 1 Bein T. Patientenlagerung - Kinetische Therapie in der Intensivmedizin.  Anaesthesist. 1998;  47 74-80
  • 2 Lange R, Heinen F, Rüdebusch S. Beatmung in Bauchlage. Einstellungswandel zur Bedeutung der Lagerung. Teil 1 und 2.  Die Schwester/Der Pfleger. 1997;  36
  • 3 Hering R. Prone positioning, systemic hemodynamics, hepatic indocyanine green kinetics, and gastric intramucosal energy balance in patients with acute lung injury.  Intensive Care Medicine. 2002;  28 53-58
  • 4 Tryba M. Wirkungshöhepunkt bei der Bauchlage. Auszug einer Reviewarbeit.  Publikation in Vorbereitung.

Karl Sabel

Internistische Intensivmedizin, Station 92, Klinikum der Universität

FJS-Allee 11

93042 Regensburg

Email: Karl.Sabel@klinik.uni-regensburg.de

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