Klinische Neurophysiologie 2004; 35(2): 54
DOI: 10.1055/s-2003-814951
Nachruf
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In Memoriam Fritz Buchthal (1907 - 2003)

In Memoriam Fritz Buchthal (1907 - 2003)F.  Behse
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Publication Date:
18 June 2004 (online)

Am 24. Dezember 2003 ist Fritz Buchthal, Prof. emeritus der Universität Kopenhagen/Dänemark an seinem Ruhesitz in Santa Barbara/Kalifornien verstorben.

Buchthal wurde in Witten a. d. R. geboren. Er studierte Medizin in Freiburg, an der Stanford University in Kalifornien sowie in Berlin und promovierte 1932 am Physiologischen Institut der Friedrich-Wilhelm-Universität Berlin.

Wegen seiner jüdischen Abstammung wurde Buchthal nach dem 30.1.1933 am Betreten des Instituts gehindert. Er emigrierte nach Dänemark und fand eine Anstellung am Physiologischen Institut der Universität Kopenhagen. Dort begann er, sich mit der Elektromyographie zu beschäftigen; die erste klinische Arbeit erschien 1940.

Während der Besetzung Dänemarks durch die deutsche Armee arbeitete Buchthal am Physiologischen Institut der Universität Lund/Schweden und kehrte im Mai 1945 nach Dänemark an seinen alten Arbeitsplatz zurück. 1952 wurde er Direktor des neu eingerichteten Neurophysiologischen Instituts der Universität Kopenhagen, kurze Zeit später auch Leiter der Abteilung für Klinische Neurophysiologie am Rigshospital sowie Dekan der Medizinischen Fakultät.

In den frühen 50er-Jahren wurde von Buchthal und Mitarbeitern das quantitative EMG entwickelt, das in der heute noch lesenswerten Broschüre „An Introduction to Electromyography (1957)” kurz dargestellt ist. In den 60er-Jahren beschäftigte er sich hauptsächlich mit der Registrierung sensibler Nervenpotenziale, in den 70er-Jahren mit der Korrelation von Nervenpotenzialen bei Neuropathien und strukturellen Veränderungen peripherer Nerven, am Ende seiner Forschertätigkeit mit taktil ausgelösten Nervenpotenzialen des Menschen. Insgesamt stehen über 300 Referenzen auf seiner Publikationsliste.

Buchthals wissenschaftliche Arbeitsweise war gekennzeichnet durch eiserne Disziplin und Zielstrebigkeit. Auch in den Jahren in Stanford, nach der Emigration und in der Nachkriegszeit, als er sich mit Gelegenheitsjobs und kleinen Stipendien über Wasser hielt, hat er die angestrebte wissenschaftliche Karriere nie infrage gestellt.

Er war ein strenger Lehrer, der ganzen Einsatz forderte und den wissenschaftlichen Nachwuchs engagiert förderte; zahlreiche Wissenschaftler und Assistenten aus der ganzen Welt haben an seinem Institut und der klinischen Abteilung gearbeitet. Buchthal war scharfsinnig in der Diskussion, ob seines „teutonischen” Temperaments gefürchtet, aber letztlich sachlicher Kritik zugänglich.

Von 1982 - 1984 wurde Buchthal als Leiter eines EMG-Labors und „Senior Adviser” ins NIH in Washington berufen; bis ins Alter von 90 Jahren war er als Consultant im Children's Hospital in San Francisco tätig.

Buchthal wurde zum Ehrendoktor der Universität Münster, Zürich, München, Lund und Wisconsin ernannt, war Ehrenmitglied verschiedener internationaler Gesellschaften und erhielt zahlreiche Auszeichnungen für seine wissenschaftliche Arbeit, 2002 den Life Time Achievement Award der World Federation of Neurology für seine herausragenden Beiträge zum Verständnis neuromuskulärer Erkrankungen.

PD Dr. Friedrich Behse

Facharzt für Neurologie (EMG)

Kurfürstendamm 102

10711 Berlin

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