intensiv 2003; 11(2): 72-76
DOI: 10.1055/s-2003-38854
Intensivpflege
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Enterale Immunonutrition bei Patienten mit akutem Lungenversagen (ALI/ARDS), Teil 2

Margarete Reiter1
  • 1Bildungszentrum, Kliniken Landkreis Biberach/Riss GmbH
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Publication Date:
13 May 2003 (online)

Zugangswege der enteralen/frühenteralen Ernährung und Art der Substratapplikation

Der Einsatz nasogastraler Sonden setzt die uneingeschränkte Verdauungs- und Resorptionsleistung aus dem Gastrointestinaltrakt voraus und sollte nur bei bewusstseinsklaren oder intubierten Patienten angewandt werden. Das entscheidende Kriterium zur Erkennung einer Oberbauchatonie ist in einem gastralen Residualvolumen > 150 ml zu sehen [1]. Die Nahrungszufuhr kann bei gastraler Sondenlage entweder bolusweise oder kontinuierlich mit nächtlichen Ruhepausen erfolgen, um die Säurebarriere des Magens zumindest zeitweise wieder aufzubauen und die gastrale Überwucherung von Keimen zu verhindern. Voraussetzung dafür ist, dass der Magen in seiner Funktion als Nahrungsreservoir nicht gestört ist und die Magenentleerung funktioniert [1, 2].

Durch die Bolusapplikation wird die natürliche Ernährungsform (Insulinsekretion, Motilität) nachgeahmt und die Darmperistaltik angeregt, was als Vorteil dieser Applikationsform anzusehen ist. Nachteile der Bolusgabe umfassen das häufigere Auftreten von Bauchbeschwerden, Völlegefühl, Erbrechen und Diarrhö sowie die schlechte Toleranz größerer Boli (maximal 250 ml; 100 ml in 5-10 Minuten verabreichen). Zudem sind ein hoher Arbeits- und Zeitaufwand und das Kontaminationsrisiko zu beachten [1, 2].

Im Rahmen der frühenteralen Ernährung sind Sonden mit einem jejunalen und einem gastralen Schenkel von großem Vorteil. Der jejunale Schenkel dient der Substratapplikation und minimiert dadurch die Gefahr von Reflux und Aspiration, der gastrale Schenkel dekomprimiert den Magen [1, 3]. Die Applikation der Nährsubstrate bei jejunaler Sondenlage erfolgt kontinuierlich über ein Pumpensystem. Bei bolusweiser Applikation besteht die Gefahr des „Dumping-Syndroms”. Durch die kontinuierliche Nahrungszufuhr wird die Verträglichkeit der Substrate verbessert und die Gefahr von Aspiration und Diarrhö vermindert [2]. Zudem ist die Stoffwechsellage ausgeglichener und die Stuhlfrequenz verringert, was den pflegerischen Arbeits- und Zeitaufwand erheblich reduziert.

Bei länger andauernder enteraler Ernährung sollte eine transkutane Sonde (PEG = perkutane endoskopische Gastrostomie; PEG-J = PEG mit jejunalem Schenkel) frühzeitig und mittels endoskopischen Verfahrens angelegt werden. Bei der PEG erfolgt die Applikation der Nährlösung als Bolusgabe, wogegen bei der PEG-J die Applikation kontinuierlich erfolgt [2].

Literatur

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Margarete Reiter

Krankenschwester für Anästhesie und Intensivmedizin (DKG), Lehrerin für Pflegeberufe, Kliniken Landkreis Biberach/Riss GmbH, Bildungszentrum

Ziegelhausstraße 50

88400 Biberach a. d. Riss

Email: margarete.reiter@kliniken-bc.de

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