Zentralbl Chir 2001; 126(12): 1026
DOI: 10.1055/s-2001-19655
Kommentar

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Kommentar auf Anforderung der Schriftleitung zur Arbeit

Umfrage zur Variabilität des perioperativen Aufwands in der CarotischirurgieInvited CommentaryH. P. Niedermeier
  • 1Vorsitzender der Kommision Qualitätssicherung der Deutschen Gesellschaft für Gefäßchirurgie
Further Information

Publication History

Publication Date:
22 January 2002 (online)

Die vorliegende Umfrage von R. T. Grundmann erlaubt einen wichtigen und zunehmend interessanter werdenden Vergleich. Den hier präsentierten Zahlen zum „perioperativen Aufwand” vor einer Carotisendarteriektomie kann die Kommission Qualitätssicherung der Deutschen Gesellschaft für Gefäßchirurgie aktuelle Daten ihrer Erhebung von 1999 gegenüberstellen. An ihr nahmen 159 Kliniken teil, 12 402 Carotisendarteriektomien wurden erfaßt und ausgewertet.

In Deutschland wurden in 57,3 % konventionelle Thrombendarteriektomien, in 38,5 % Eversionsendarteriektomien, „sonstige Eingriffe” in 4,2 % aller Fälle durchgeführt. 44,2 % aller Operationen wurden unter Shunteinlage und 55,8 % ohne Shunt operiert. 51 % der Operateure führten zusätzlich eine erweiternde Patchplastik durch.

Analog zur Grundmann'schen Umfrage sind die Patchmaterialien in Tab. 1 und die Daten zum intraoperativen Monitoring, der intraoperativen Qualitätskontrolle und die postoperativen Kontrolluntersuchungen in Tab. 2 dargestellt.

Auf der Basis unserer Untersuchung kann die Aussage nur bestätigt werden, daß hinsichtlich des perioperativen Aufwands große Unterschiede in den einzelnen Zentren in Deutschland, aber - wie wir jetzt erfahren - auch zum benachbarten „Ausland” hin bestehen.

Die genannten Daten beziehen sich nun alle auf die Prozeßqualität, die im hierzulande gerade anbrechenden Zeitalter der DRG's natürlich besondere Aufmerksamkeit erfährt. Das Suchen nach Einsparpotentialen bei den Prozessen ist überall im Gange und wird weiter zunehmen. Gerade deshalb muß die Prozeßqualität in Bezug gesetzt werden zur Ergebnisqualität.

Im Vergleich zu den Erhebungszahlen von 1997 ist in Deutschland der Anteil der Eversionsendarteriektomie leicht zurückgegangen auf 38,5 %. Hinsichtlich der Morbiditäts-/Mortalitätsrate ergibt sich aus unserer Untersuchung kein statistisch signifikanter Unterschied zwischen den beiden Methoden. Dies gilt in gleicher Weise für die Verwendung eines Shunts oder des Patchmaterials.

Die Duplexsonographie hat jetzt weitere Verbreitung gefunden, wird aber in der Mehrzahl der Fälle zusätzlich zu anderen bildgebenden Verfahren eingesetzt. Der Vergleich mit den europäischen Chirurgen zeigt, daß bei uns die Diagnose „Carotisstenose” und ihre Auswirkung am Gehirn durch mehrere Verfahren sehr gut, vielleicht zu gut und zu teuer abgesichert wird. Hier wird in Zukunft unter Kostengesichtspunkten wohl ein Umdenken einsetzen.

Die Häufigkeit des Einsatzes von intra- und postoperativen Kontrollverfahren ist auch in Deutschland ganz unterschiedlich. Die M/M-Rate liegt bei Patienten, die ein intraoperatives Kontrollverfahren durchlaufen haben, niedriger (2,9 % vs. 3,2 %). Dies gilt auch für den Einsatz eines Neuromonitoringverfahrens (2,6 % vs. 3,4 %).

Das auffallendste Ergebnis in unserer Untersuchung, die die stadienabhängige, indikationsbezogene M/M-Rate in das Zentrum der Aufmerksamkeit rücken will, ist, daß die perioperative Apoplexrate und Letalität bei den neurologisch kontrollierten Patienten in etwa doppelt so hoch liegt als bei den nicht kontrollierten Patienten. Deshalb möchten wir anregen, großzügig neurologische Untersuchungen zur Qualitätssicherung der Indikationsstellung und des Operationsergebnisses durchzuführen.

Insgesamt lagen bei allen Patienten die perioperative Apoplexrate und die Letalität deutlich unter den maximal akzeptablen perioperativen Komplikationsraten der American Heart Association.

Zuletzt kommt mir beim Schreiben dieser Zeilen noch ein Gedanke. Wäre es nicht interessant, die Qualitätserhebung der Deutschen Gesellschaft für Gefäßchirurgie für einen begrenzten Zeitraum evtl. in modifizierter Form im Rahmen der UEMS europaweit durchzuführen? Ich könnte mir vorstellen, daß dies eine interessante „verbindende” Diskussion anstoßen könnte.

Literatur

  • 1 Eckstein H H, Umscheid T, Noppeney T, Weber H, Niedermeier H P. Qualitätsmanagment „Carotis” der Deutschen Gesellschaft für Gefäßchirurgie - Ergebnisse 1999.  Gefäßchirurgie. 2001;  6 im Druck

Dr. Hans Niedermeier

Vorsitzender der Kommision Qualitätssicherung der

Deutschen Gesellschaft für Gefäßchirurgie

Städt. Krankenhaus München-Neuperlach

Abteilung für Gefäßchirurgie

Oskar-Maria-Graf-Ring 51

81737 München

    >