Zentralbl Chir 2001; 126(2): 104-105
DOI: 10.1055/s-2001-12526-3
Originalarbeiten und Übersichten

J.A.Barth Verlag in Medizinverlage Heidelberg GmbH & Co.KG

Erwiderung

H. W. Kniemeyer, P. Reber
  • (Essen, Bern)
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Publication Date:
12 May 2004 (online)

Die Erfahrung und wegbereitenden Untersuchungen von W.J. Stelter und seinem Team in der interventionellen Behandlung von Aortenaneurysmen sind unbestritten. Einem ausgewiesenen Expertenteam ist auch die Erweiterung der Indikation und das Vorantreiben des technischen Fortschrittes zuzumuten, wenn nicht abzuverlangen. Somit ist in Anbetracht der speziellen Situation leicht zu erklären, dass bis zu 70 % des Frankfurter Krankengutes heute mit aortalen Stentprothesen versorgt werden können.

Wie W.J. Stelter richtig feststellt, ist die „feasibility” heute aber nicht mehr die essentielle Frage, sondern die „durability”. Gerade hier liegt aber das entscheidende und daher so kontrovers diskutierte Problem. Kann ich das technisch zweifellos „Machbare” in Anbetracht der gegenwärtig noch etwas kritisch zu sehenden mittelfristigen Ergebnisse den individuellen Patienten auch in der genannten Intensität (bis zu 70 %) zumuten?

Die Autoren haben in Bern 1996 mit der Aortenstentprothesenimplantation begonnen und im vergleichenden Zeitraum bis 1999 unter zunächst kritischer Indikation 34 endovaskuläre Implantationen vorgenommen. Sie sehen das endovaskuläre Verfahren als zukunftsträchtig an, unterstreichen, dass viele mehr Erfahrung in der Anwendung haben mögen, möchten aber die Unterstellung zurückweisen, dass sie das Verfahren ablehnen.

Die vorliegende Arbeit sollte lediglich eine Standortbestimmung der offenen chirurgischen Therapie darzustellen versuchen und zu einigen, immer wieder zitierten, aber heute offensichtlich nicht immer richtigen Meinungen (z.B. dem deutlich höheren Operationsrisiko von Patienten mit symptomatischem Aneurysma) Stellung beziehen. Die Autoren wähnen sich zu dieser Aussage in der Lage, da ein strikt definierter Beobachtungszeitraum unter standardisiertem operationstechnischem (Beschränkung auf 3 verantwortliche Operateure), anästhesiologischem und intensivmedizinischem Vorgehen sonst häufige methodologische Fehler weitgehend mindern half. Bewusst wurde auf lange Beobachtungszeiträume verzichtet. Eine Selektion des Krankengutes erfolgte nicht.

Es ist gute medizinische Tradition, dass sich neu entwickelnde therapeutische Verfahren an der konventionellen Therapie messen mÏssen. Diesem wird auch W.J. Stelter zustimmen können. Dieses wird und kann Weiterentwicklung und Fortschritt keineswegs aufhalten, kann allerdings wesentlich zur Indikationsfindung und -sicherung beitragen. Somit kommt unserer „Fleissarbeit” trotz der pointierten Stellungnahme eine gewisse Bedeutung zu. Es ist nicht Ziel der Untersuchung gewesen, Einzeldaten wie die etwas süffisant zitierte OP-Dauer, stationäre Liegezeit, etc., etc. hervorzuheben. Diese Informationen fielen nebenbei ab, mussten jedoch als Basisdaten angegeben werden, bestanden doch zwischen den Gruppen operierter asymptomatischer und symptomatischer Patienten keinerlei statistisch signifikante Unterschiede (ausser in der Nikotingewohnheit und dem Bedarf an Blutbestandteilen), nicht hinsichtlich der Hospitationsdauer und insbesondere nicht (immer wieder anderslautend zitiert und betont hervorgehoben) hinsichtlich des Operationsrisikos.

Somit wird die „alte Erfahrung” des deutlich höheren Risikos der Patienten mit symptomatischem Aortenaneurysma gerade durch die vorliegende Arbeit nicht bestätigt.

Hingegen konnte eine andere alte Erfahrung, dass Patienten mit symptomatischen Aneurysma wenige Jahre älter sind als asymptomatische Patienten, bestätigt werden, doch fanden wir dieses, weil bekannt, nicht so sehr erwähnenswert. Wir wollen dieses gerne nachholen (elektiv: 64 Jahre; symptomatisch: 65 Jahre), doch war der Unterschied statistisch nicht signifikant.

Der geäusserten Meinung eines „zweifelsfrei verfälschten Bildes” durch Ausklammern der rupturierten Aneurysmen und der endovaskulär versorgten Patienten möchten wir allerdings vehement entgegentreten. Die Erfahrungen mit endovaskulären Prothesen waren gering, konnten aber die Daten nicht verfälschen. Die Daten der rupturierten AAA hätten das Datenmaterial aufgebläht ohne für das elektive Vorgehen Informationen zu liefern. Sie sind allerdings mit 57 Fällen in 3 Jahren an anderer Stelle publiziert (EJVES 2000;19:190, Lit. 22) und somit einsehbar.

Kontroverse Betrachtungsweisen sind fruchtbar, beleben die Diskussion und regen zu neuer Sichtweise an. In diesem Sinne sind die Autoren W.J. Stelter dankbar und hoffen auf weitere belebende Diskussionen.

Prof. Dr. H. W. Kniemeyer

Elisabeth Krankenhaus

Moltkestr. 61

D-45138 Essen

Priv.-Doz. Dr. P. Reber

Lindenhofspital

Bremgartenstraße 17

CH-3001 Bern

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