Rehabilitation (Stuttg) 2001; 40(1): 3-11
DOI: 10.1055/s-2001-12136
ORIGINALARBEIT
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Entwicklung eines Patientenfragebogens zur Erfassung der Reha-Motivation (PAREMO)[1]

Development of a Patient Questionnaire for Assessment of Rehabilitation Motivation (PAREMO)K. Hafen1 J. Jastrebow2 R. Nübling2 J. Bengel1
  • 1Universität Freiburg, Psychologisches Institut, Abteilung für Rehabilitationspsychologie
  • 2Privatinstitut für Evaluation und Qualitätssicherung im Gesundheits- und Sozialwesen mbH (eqs.-Institut), Karlsruhe
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Publication Date:
31 December 2001 (online)

Zusammenfassung.

Ausgehend von der Mehrdimensionalität des Konstrukts Reha-Motivation und einer Expertenbefragung wurde eine erste Version eines Patientenfragebogens zur Reha-Motivation (PAREMO) entwickelt. Die Ergebnisse der testtheoretischen Überprüfung dieses Fragebogens werden referiert. Version 1 des PAREMO wurde Patienten der kardiologischen, orthopädischen und psychosomatischen Rehabilitation vorgelegt. Nach den Regeln der klassischen Testtheorie wurde der PAREMO in mehreren iterativen Auswertungsschritten von ursprünglich 150 auf 46 Items reduziert. Der Fragebogen beinhaltet eine Struktur von sechs Faktoren: 1. Hilfsbedürftigkeit und psychischer Leidensdruck (11 Items), 2. Einschränkungen im Alltag aufgrund körperlicher Beschwerden (8 Items), 3. Reaktionen des sozialen Umfelds auf die Erkrankung (7 Items), 4. Änderungsbereitschaft hinsichtlich präventiven Verhaltens (9 Items), 5. Hoffnungslosigkeit und Skepsis (5 Items) sowie 6. Eigeninitiative und Wissen (6 Items). Die Faktoren klären rund 50 % der Gesamtvarianz auf, die internen Konsistenzen (Cronbachs α) der Skalen liegen zwischen 0,71 und 0,91 und die mittleren Trennschärfekoeffizienten zwischen 0,45 und 0,65. Die Skalierung und die Skalenbenennung sind noch als vorläufig zu bezeichnen, sie werden derzeit in einer weiteren Studie überprüft.

Development of a Patient Questionnaire for Assessment of Rehabilitation Motivation (PAREMO).

Following the assumption that the motivation to participate in a rehabilitation program is a multidimensional construct we surveyed experts to develop a first version of the patient questionnaire of rehabilitation motivation (PAREMO). In this article we describe the results of the pilot study with regard to the test-theoretical analysis of the questionnaire. Patients of cardiologic, orthopaedic and psychosomatic rehabilitation clinics were participants of this study. After several subsequent steps of analysis the PAREMO was reduced from an initial 150 items to 46 items. The questionnaire now contains a structure of six factors: 1. need for assistance and psychological burden of suffering, 2. restrictions in everyday life because of physical burden of suffering, 3. reactions of significant others to the illness, 4. readiness to change in terms of preventive behaviour, 5. hopelessness and scepticism, and 6. initiative and knowledge. These factors explain almost 50 % of the total variance. Cronbach’s Alphas range between 0.71 and 0.91 for the subscales, the corrected item total correlation means range between 0.45 and 0.65. The statistical results as well as the naming of the scales are preliminary to this date, they are being reanalysed in another study.

1 Ein Vorhaben des Rehabilitationswissenschaftlichen Forschungsverbundes Freiburg/Bad Säckingen. Gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und von der Deutschen Rentenversicherung (Verband Deutscher Rentenversicherungsträger - VDR - und seine Mitglieder), Förderkennzeichen 01 GD 9805/2, 01GD9802/4.

Literatur

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  • 18 Verband Deutscher Rentenversicherungsträger. VDR Statistik Rehabilitation Leistungen zur Rehabilitation und sonstige Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung im Jahre 1998. DRV-Schriften VDR Frankfurt/M; 1999 Band 130
Anhang
PAREMO-Version 2

Bitte kreuzen Sie an, wie sehr die Aussagen mit Ihren eigenen Meinungen und Erfahrungen übereinstimmen.
stimmt
nicht
(1)
stimmt
eher nicht
(2)
stimmt
eher
(3)
stimmt

(4)
1. Ich fühle mich durch meinen schlechten Gesundheitszustand in meinen alltäglichen Aktivitäten eingeschränkt.
2. Ich komme allein nicht mehr zurecht, ich brauche Hilfe.
3. Meine Beschwerden beschäftigen mich ständig.
4. Meine Angehörigen verhalten sich, wenn ich meine Beschwerden/Krankheit habe,
mir gegenüber verständnisvoller als sonst.*
5. Ich leide stark unter körperlichen Beschwerden.
6. Hinsichtlich der Besserung meiner Beschwerden habe ich nur geringe Hoffnung.
7. Es bereitet mir oft Kopfzerbrechen, wie es mit mir weitergehen soll.*
8. Wenn ich meine Beschwerden habe, kommt es häufiger vor als sonst, dass sich jemand
um mich kümmert.*
9. Ich werde in Zukunft auf vieles verzichten (Rauchen, Süßigkeiten, fettes Essen etc.).
10. Mein Lebensstil hat mit meinen gesundheitlichen Problemen nichts zu tun.
11. Meine Familie setzt große Erwartungen in meinen Aufenthalt in der Klinik.
12. Ich mache mir oft Gedanken über meine Beschwerden.
13. Ich werde meinen Lebensstil ändern müssen, um wieder gesund zu werden.
14. Ich möchte mein gesundheitsbezogenes Verhalten (körperliche Bewegung,
Ernährung, Rauchen, Alkoholkonsum) ändern.
15. Ich bin mir unsicher, ob mir hier geholfen werden kann.
16. Bekannte haben mir viel über ihre eigene Rehabilitationsbehandlung erzählt.
17. Nach der Rehabilitation bin ich wieder voll leistungsfähig.
18. Über die Behandlung hier wurde ich von Fachleuten (z. B. Hausarzt, Krankenhausarzt) gründlich informiert.
19. Auch mit eingeschränkter Gesundheit kann ich glücklich und zufrieden leben.
20. Ich werde mit meinen Beschwerden nicht mehr allein fertig.
21. Meine Beschwerden behindern mich im Alltag.**
22. Ich fühle mich seelisch belastet.
23. Ich habe körperliche Probleme, mit denen ich allein nicht fertig werde.
24. Trotz meiner Beschwerden bin ich ganz zufrieden.**
25. Ich leide stark unter seelischen Beschwerden.
26. Ich bin fest entschlossen, mich zu ändern.
27. Der Behandlung gegenüber bin ich eher skeptisch eingestellt.
28. Ich glaube nicht, dass es mir nach der Rehabilitationsbehandlung besser geht.
29. Die meisten anderen Patienten in der Klinik sind schlimmer dran als ich.
30. Ich werde in Zukunft mehr Sport treiben.
31. Wenn ich krank bin, habe ich eher jemanden, der für mich da ist.*
32. Ich habe mich vorab über Rehabilitationsbehandlungen informiert.
33. Ich fühle mich körperlich belastet.
34. Meinen Beschwerden gegenüber fühle ich mich ohnmächtig.
35. Ich habe seelische Probleme, mit denen ich allein nicht fertig werde.
36. Wenn es mir schlecht geht, nimmt meine Umwelt (Partner, Familie, Kollegen usw.)
mehr Rücksicht auf mich als sonst.*
37. Meine Familie hält meine Rehabilitationsbehandlung für notwendig.
38. Ich habe alle Hebel in Bewegung gesetzt, um hierher kommen zu können.*
39. Vieles, was ich früher getan habe, hat meiner Gesundheit geschadet.
40. Meine Beschwerden sind nicht schlimmer als die der meisten anderen Menschen.
41. Dass ich hier bin, ist auf mein eigenes Bemühen zurückzuführen.*
42. Ich habe wenig Zuversicht, dass sich meine Beschwerden bessern.
43. Ich möchte mein Leben von Grund auf ändern.
44. Wegen meiner Beschwerden verhält sich meine Familie mir gegenüber
rücksichtsvoll.**
45. Ich kenne eine Reihe von Personen, bei denen eine Rehabilitationsbehandlung
erfolgreich war.
46. Es gibt vieles, was ich gerne an mir ändern würde.
* Das Item wurde aus dem FPTM-40 von Schulz et al. (1995) entnommen. ** Das Item wurde aus dem FMP von Schneider et al. (1993) entnommen.

• PAREMO-1: Hilfsbedürftigkeit und psychischer Leidensdruck
Item: 2, 3, 7, 12, 19, 20, 22, 24, 25, 34, 35
• PAREMO-2: Einschränkungen im Alltag aufgrund körperlicher Beschwerden
Item: 1, 5, 17, 21, 23, 29, 33, 40
• PAREMO-3: Reaktionen des sozialen Umfelds auf die Erkrankung
Item: 4, 8, 11, 31, 36, 37, 44
• PAREMO-4: Änderungsbereitschaft hinsichtlich präventiven Verhaltens
Item: 9, 10, 13, 14, 26, 30, 39, 43, 46
• PAREMO-5: Hoffnungslosigkeit und Skepsis
Item: 6, 15, 27, 28, 42
• PAREMO-6: Eigeninitiative und Wissen
Item: 16, 18, 32, 38, 41, 45

1 Ein Vorhaben des Rehabilitationswissenschaftlichen Forschungsverbundes Freiburg/Bad Säckingen. Gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und von der Deutschen Rentenversicherung (Verband Deutscher Rentenversicherungsträger - VDR - und seine Mitglieder), Förderkennzeichen 01 GD 9805/2, 01GD9802/4.

2 Wir bedanken uns für die freundliche Unterstützung der kooperierenden Kliniken: Gotthart-Schettler-Klinik Bad Schönborn, PD Dr. Staedt; Sigmund-Weil-Klinik Bad Schönborn, Prof. Dr. Rauterberg; Rheumaklinik Bad Säckingen, Prof. Dr. Jäckel; Psychosomatische Klinik Kinzigtal, PD Dr. Bergmann; Klinik Reinerzau, Dr. Puttendörfer; Klinik Schömberg, Dr. Krambeck; Klinik Bad Herrenalb, Dr. Oppl.

Korrespondenzanschrift:

Dipl.-Psych. Kerstin Hafen

Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Psychologisches Institut
Abteilung für Rehabilitationspsychologie

Bertoldstraße 17

79098 Freiburg

Email: hafen@psychologie.uni-freiburg.de

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