Zeitschrift für Phytotherapie 2017; 38(06): 241
DOI: 10.1055/s-0043-124410
Editorial
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

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Jost Langhorst
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Publication Date:
19 January 2018 (online)

Sehr geehrte Leserinnen und Leser,

nach Definition der WHO (Weltgesundheitsorganisation) verbinden sich im Konzept der Integrativen Medizin konventionelle und möglichst evidenzbasierte komplementäre Verfahren zu einer „best practice“. Die Definition gewinnt vor allem vor der Tatsache an Gewicht, dass weltweit nur ein Bruchteil der Bevölkerung Zugang zur konventionell westlichen Medizin hat.

In dieser Ausgabe der Zeitschrift für Phytotherapie stellen wir Ihnen vor diesem Hintergrund mit der Kampo-Medizin ein traditionelles ganzheitliches Gesundheitssystem vor, in dem die Phytotherapie einen zentralen Stellenwert hat. Für die Indikationen funktionelle Dyspepsie, Irinotecan-induzierte Diarrhöen in der Onkologie und dem Reizdarmsyndrom vom Diarrhö-Typ werden beispielhaft drei standardisierte Rezepturen vorgestellt, für die vielversprechende wissenschaftliche Wirksamkeitsbelege vorliegen.

Auch in Deutschland haben traditionelle Heilverfahren einen hohen Stellenwert in der Bevölkerung. Bei der letzten Allensbach-Umfrage zum Thema Naturheilmittel in Deutschland gaben 70 % der Befragten an, über eigene Erfahrungen mit Naturheilmitteln zu verfügen. Neben Erkältung und leichter Grippe stehen Magen-, Darm- und Verdauungsbeschwerden an zweiter Stelle der Indikationen. Die Phytotherapie ist hier von zentraler Bedeutung. Eine vielversprechende Heilpflanze ist in diesem Zusammenhang die Heidelbeere. Sie ist als Repräsentantin der traditionell europäischen Medizin einerseits als Selbsthilfestrategie bei Durchfall etabliert und gewinnt in der jüngeren Vergangenheit zunehmend Aufmerksamkeit und Bedeutung für die Indikation chronisch entzündliche Darmerkrankungen. Möglichkeiten und Grenzen werden in zwei Interviews mit Colitis-ulcerosa-Patienten ausgelotet. Das Potenzial ist hier im Hinblick auf Standardisierung und Forschung noch lange nicht ausgereizt.

Aus unserer erfolgreichen Leitlinienarbeit ist zu berichten, dass es uns gelungen ist, in mehreren S3-Leitlinien Statements und Kommentare zur Phytotherapie zu implementieren. Beispiele sind hier die S3-Leitlinie zum Magenkarzinom (Misteltherapie), die S3-Leitlinie zu Colitis ulcerosa (Flohsamen, Curcumin, Myrrhe, Kamille und Kaffeekohle) und die S3-Leitlinie zu funktionellen Körperbeschwerden (Phytotherapie). Aus der aktuellen Arbeit stellen wir Ergebnisse zur Recherche für die Mitarbeit bei der S3-Leitlinie zur rheumatoiden Arthritis vor, die durch das Interview mit einem Experte in Relation zum klinischen Alltag diskutiert werden.

Die zarte Pflanze Leitlinienarbeit treibt wertvolle Blüten. Das Ziel bleibt, die Gesellschaft für Phytotherapie als feste Größe dauerhaft in der Leitlinienarbeit der Arbeitsgemeinschaft wissenschaftlich medizinischer Fachgesellschaften AWMF zu etablieren. Wir arbeiten weiter daran, hierfür die Bedingungen zu schaffen und abzusichern.

Viel Freude beim Lesen wünscht Ihnen