Handchir Mikrochir Plast Chir 2017; 49(05): 341-343
DOI: 10.1055/s-0043-115112
Der interessante Fall
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Traumatisch ausgelöstes Kalksalzdepot des Handgelenkes: Fallpräsentation einer seltenen Entität

Calcinosis of the wrist after trauma: case report of a rare entity
Patrik Schmid
1   Departement für Plastische und Handchirurgie, Universitätsspital Bern
,
Abdul Rahman Jandali
2   Klinik für Hand- und Plastische Chirurgie, Departement Chirurgie, Kantonsspital Winterthur
,
Julia Sproedt
2   Klinik für Hand- und Plastische Chirurgie, Departement Chirurgie, Kantonsspital Winterthur
› Author Affiliations
Further Information

Publication History

08/19/2015

06/28/2017

Publication Date:
28 August 2017 (online)

Fallbericht

Eine 44-jährige Patientin erlitt nach Sturz auf den linken Arm ein axiales Stauchungstrauma mit Kontusion des Handgelenkes und des Ellenbogens. Bei Schmerzen im Ellenbogen fielen initial keine Beschwerden im Handgelenk auf. Konventionell radiologisch wurde eine Radiusköpfchenfraktur diagnostiziert und konservativ durch Immobilisation in einer Oberarmgipsschiene therapiert. Anamnestisch bestand prätraumatisch eine schmerzfreie, uneingeschränkte Kraft und Beweglichkeit im linken Handgelenk. Nach intravenösem Drogenabusus bestand jedoch eine venöse Abflussbehinderung mit Akrozyanose sowie eine Hyposensibilität an allen Fingern, welche bereits neurologisch abgeklärt wurde, ein Karpaltunnelsyndrom konnte nicht nachgewiesen werden. Drei Tage später erfolgte die erneute Vorstellung bei Schmerzen, Schwellung und Rötung im Bereich des Handgelenks palmar ([ Abb. 1 ]), welche nach Entfernung der Schiene zum Duschen und nach Mobilisation im Handgelenk subakut auftraten. Klinisch bestanden eine Druckdolenz über dem distalen Unterarm palmar und dem Karpalkanal und die bekannte Hyposensibilität aller Finger. Die Röntgenaufnahme des Handgelenks zeigte eine ca. 9.5 x 6.0 mm grosse Verschattung palmar am Handgelenk auf Höhe der ersten Karpalreihe ([ Abb. 2 ]). Wir interpretierten die Beschwerden und Befunde als akutes Kalksalzdepot im Karpaltunnel nach Trauma. Es wurde eine konservative Therapie mit Ruhigstellung in einer palmaren Unterarmgipsschiene mit Fingereinschluss (bei Schmerzangabe unter Fingermobilisation) in Intrinsic-Plus-Stellung sowie eine antiphlogistische Therapie mittels NSAR initiiert. Eine Verlaufskontrolle nach 4 Tagen zeigte keine wesentliche Befundbesserung in Bezug auf Schmerzen und Entzündungsreaktion, es wurde durch die Ergotherapie eine 5-Finger-Lagerungsschiene angepasst. Sonographisch liess sich eine ca. 12.2 x 11.6 x 3.8 mm grosse Weichteilverschattung im Karpalkanal darstellen ([ Abb. 3 und 4 ]), welche die Beugesehnen nach palmar verdrängte sowie einen saumförmigen Erguss zeigte. Bei vorbestehenden Dysästhesien im Medianusversorgungsgebiet nach intravenösem Drogenabusus wurde eine erneute neurologische Untersuchung durchgeführt, welche elektrophysiologisch ein Karpaltunnelsyndrom ausschliessen konnte, so dass keine Operationsindikation bestand. Die systemische NSAR-Therapie wurde fortgeführt und Ergotherapie zur schmerzadaptierten Mobilisation eingeleitet. In den klinischen Verlaufskontrollen zehn Tage sowie vier Wochen nach Trauma zeigten sich die Beschwerden deutlich rückläufig, eine radiologische Kontrolle nach 14 Wochen zeigte eine vollständige Regredienz des Befundes ([ Abb. 5 ]). Die Behandlung wurde bei guten funktionellen Resultaten abgeschlossen.

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Abb. 1 Schwellung und Rötung palmar am Handgelenk, Akrozyanose
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Abb. 2 Röntgen Handgelenk lateral; ca. 9.5 x 6.0 mm grosse Verschattung palmar am Handgelenk auf Höhe der ersten Karpalreihe
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Abb. 3 und 4 12.2 x 11.6 x 3.8 mm grosse Weichteilverschattung palmar des Karpus
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Abb. 4
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Abb. 5 Röntgen Handgelenk lateral: vollständiges Auflösen des Kalksalzdepots nach 14 Wochen
 
  • Literatur

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