Der Nuklearmediziner 2017; 40(04): 333-335
DOI: 10.1055/s-0043-111358
Basiswissen Nuklearmedizin
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Strafrechtliche Risiken in der nuklearmedizinischen Praxis

Risks of criminal offence in the practice of nuclear medicine
Christoph Bork
Kanzlei für Medizin-, Arbeits- & Strafrecht, Bochum
,
Tobias Weimer
Kanzlei für Medizin-, Arbeits- & Strafrecht, Bochum
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Publication Date:
04 December 2017 (online)

Einleitung

Gerade in den letzten Jahren ist zu beobachten, dass das Arztstrafrecht immer mehr an Bedeutung gewinnt. Dies liegt sicherlich zum einen an der zunehmenden Berichterstattung in den Medien über strafrechtliches Fehlverhalten der Akteure im Gesundheitswesen und zum anderen an einer immer größeren Sensibilisierung der Ermittlungsbehörden in diesem Bereich. Aufgrund der Tatsache, dass eine effiziente Strafverfolgung eine umfassende Kenntnis der Vorgänge und Abläufe im Gesundheitswesen voraussetzt, werden immer mehr Schwerpunktstaatsanwaltschaften gebildet, die auf die Verfolgung entsprechender Straftaten spezialisiert sind und über ein umfangreiches Spezialwissen verfügen. Es sollte daher keinesfalls davon ausgegangen werden, dass die Ermittlungsbehörden mangels entsprechender Kenntnisse nicht in der Lage sind, derartige Straftaten aufzudecken. Darüber hinaus sind bei allen gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen auf Grundlage von § 197a SGB V und § 47a SGB XI sowie kassenärztlichen Vereinigungen nach § 81a SGB V sogenannte „Stellen zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen“ eingerichtet. Ausweislich des Gesetzeswortlauts haben diese Stellen die Pflicht, die Staatsanwaltschaften unverzüglich zu unterrichten, wenn eine Prüfung ergibt, dass ein Anfangsverdacht auf strafbare Handlungen mit nicht nur geringfügiger Bedeutung bestehen könnte.

Ferner ist am 04.06.2016 das Gesetz zur Bekämpfung der Korruption im Gesundheitswesen in Kraft getreten. Dieses Gesetz schließt eine vom Bundesgerichtshof 2012 beanstandete Gesetzeslücke, wonach niedergelassene Vertragsärzte nicht von den bereits bestehenden Korruptionstatbeständen des Strafgesetzbuches umfasst seien. Dieses Gesetz verfolgt den übergeordneten Zweck, korruptes Verhalten im Gesundheitswesen insgesamt zu vermeiden. Hierzu zählen unter anderem Prämienzahlungen der Pharmaindustrie – sogenannte „Kick-Back“-Zahlungen – oder die Zuweisung von Patienten gegen Entgelt. Der Bundesgerichtshof sah Vertragsärzte weder als Amtsträger noch als Beauftragte der gesetzlichen Krankenversicherung an. Dies war aber die Voraussetzung für eine Strafbarkeit nach den bestehenden Korruptionsstraftatbeständen.

Das Arztstrafrecht ist umfangreich und lässt sich nur schwer abgrenzen, da eine Vielzahl von strafrechtlichen Vorschriften aus unterschiedlichen Gesetzen tangiert sein kann. Neben dem Strafgesetzbuch und den bekannten Straftatbeständen wie Körperverletzung, Betrug, Freiheitsberaubung, fahrlässige Tötung etc. gibt es eine Vielzahl von weiteren Gesetzen mit strafrechtsrelevanten Normen. Hierzu zählen unter anderem das Arzneimittelgesetz (AMG), das Medizinproduktegesetz (MPG), das Betäubungsmittelgesetz (BtMG), das Transplantationsgesetz (TPG) und das Embryonenschutzgesetz (ESchG). Hinzu kommt, dass strafrechtliches Verhalten für andere Rechtsgebiete von Bedeutung sein kann. Ein strafrechtliches Fehlverhalten kann Auswirkungen auf die Approbation oder die kassenärztliche Zulassung haben. Es ist daher von Bedeutung, mögliche Konsequenzen eines Strafverfahrens frühzeitig zu bedenken, um die Verteidigungsstrategie entsprechend zu entwickeln. Die Freude über ein mildes strafrechtliches Urteil währt nicht lange, wenn im Nachgang der Widerruf der Approbation wegen Unwürdigkeit nach § 5 Abs. 2 i. V. m. § 3 Abs. 1, S. 1, Nr. 2 Bundesärzteordnung aufgrund der strafrechtlichen Verurteilung erfolgt. Eine effiziente Verteidigung auf dem Gebiet des Arztstrafrechts setzt daher neben den selbstverständlichen Kenntnissen des allgemeinen Straf- und Strafprozessrechts umfangreiches Wissen vor allen Dingen im Approbations-, Berufs- und Vertragsarztrecht voraus.

Gerade im Zuge von Erlösoptimierungen und von Kooperationen zwischen den verschiedenen Leistungserbringern im Gesundheitswesen werden oft die strafrechtlichen Risiken übersehen. Nicht selten wird auf „bewährte Modelle“ von Kollegen mit dem Argument zurückgegriffen, dass diese sich in der Vergangenheit vermeintlich als strafrechtlich unproblematisch herausgestellt hätten. Hiervon kann nur dringend abgeraten werden. Aufgrund der neuen Korruptionstatbestände müssen sämtliche bestehende Kooperationsverträge auf ihre Rechtmäßigkeit geprüft werden. Nicht selten stellt sich bei derartigen Prüfungen heraus, dass zwar die Inhalte der Verträge als juristisch unbedenklich zu qualifizieren sind, der Vertrag in Realität aber gar nicht zwischen den kooperierenden Parteien „gelebt“ wird. Die juristische Prüfung eines solchen Vertragswerkes ist wertlos, da eine juristisch verwertbare Einschätzung selbstverständlich nur auf der Grundlage der tatsächlichen Umstände erfolgen kann.

Exemplarisch soll auf die nachfolgenden Straftatbestände näher eingegangen werden.