Fortschr Neurol Psychiatr 2017; 85(07): 374
DOI: 10.1055/s-0043-111134
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Mehr auf Facebook, kleinerer Nucleus Accumbens – oder umgekehrt?

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Publication Date:
02 August 2017 (online)

Forscher der Universitäten Ulm und Bonn haben die Facebook-Nutzung von 62 jungen Probanden auf dem Smartphone nachvollzogen und mit ihren strukturellen Hirnscans verglichen. Dabei haben sie einen Zusammenhang zwischen einer stärkeren Facebook-Nutzung und einem geringeren Volumen des Nucleus Accumbens festgestellt. Dies ist ein zentraler Bestandteil des menschlichen Belohnungssystems im Gehirn, der in vorherigen Studien mit einem gesteigerten Alkohol- und Nikotinkonsum assoziiert wurde.

Im letzten Jahr war mehr als ein Fünftel der Weltbevölkerung auf Facebook aktiv. Ergebnisse früherer Studien legen nahe, dass die belohnende Wirkung des Netzwerks – etwa durch „Likes“ und positive Kommentare der „Freunde“ – zu einer erhöhten Nutzung dieser Plattform führen kann. Es hat sich auch gezeigt, dass der Nucleus Accumbens, ein zentraler Bestandteil des menschlichen Belohnungssystems, in besonderem Maße aktiviert wird, wenn Studienteilnehmer Bestätigung durch „Likes“ erhalten. Eine Forschergruppe aus Psychologen und Informatikern hat nun mithilfe von strukturellen Hirnscans überprüft, ob sich anhand von neuroanatomischen Strukturen Vorhersagen über die Facebook-Nutzung machen lassen.

Mithilfe der eigens entwickelten App „Menthal“ registrierten die Wissenschaftler über 5 Wochen, wie oft die Studienteilnehmer (Durchschnittsalter 23 Jahre) das soziale Netzwerk über ihr Mobiltelefon aufriefen und wie viel Zeit sie bei Facebook verbrachten. Insgesamt fiel die Facebook-Nutzung der Probanden moderat aus: Im Durchschnitt öffneten sie ihre App 8,7 Mal am Tag und verbrachten im Mittel 8,21 min täglich mit dem sozialen Netzwerk. Korreliert man diese Daten mit den Hirnscans, ist eine höhere Facebook-Nutzung mit einem geringeren Volumen des Nucleus Accumbens assoziiert. Die Forscher meinen: Obwohl die Probanden größtenteils Studierende und somit nicht repräsentativ für die Gesamtbevölkerung sind, gibt die Studie interessante Hinweise für die Suchtforschung. Bei deutlich höherem, womöglich sogar exzessivem Facebook-Nutzungsverhalten – das in der vorliegenden Studie jedoch nicht beobachtet werden konnte – werde der Nucleus Accumbens für eine bessere Charakterisierung der Netzwerk-Nutzung sicherlich von Bedeutung sein, so die Autoren. Denn: In vorherigen Studien sei bereits ein Zusammenhang zwischen einem verringerten Volumen des Nucleus Accumbens und erhöhtem Nikotinkonsum sowie einem gesteigerten Alkoholkonsum nachgewiesen worden.

In der aktuellen Untersuchung bleibt jedoch ungeklärt, ob das geringere Volumen eine stärkere Nutzung der sozialen Medien auslöst – oder ob diese Veränderung das Resultat exzessiver Anwendung ist.

Nach einer Mitteilung der Universität Ulm