Fortschr Neurol Psychiatr 2016; 84(12): 722
DOI: 10.1055/s-0042-120990
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Lernen – Großhirnrinde ist von Anfang an dabei

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Publication Date:
12 December 2016 (online)

Der Hippocampus wird von Gedächtnisforschern seit den späten 1950er Jahren untersucht. Welche Rolle der Neokortex für das Gedächtnis spielt und wie beide Regionen miteinander interagieren, war weitgehend unbekannt. In seiner Studie versetzte das Forscherteam Probanden am Bildschirm in ein virtuelles Labyrinth, in dem diese versteckte Gegenstände finden mussten. Je länger sich die Probanden durch das Labyrinth bewegten, desto besser lernten sie den Aufbau und die Positionen der Gegenstände kennen. Während die Studienteilnehmer diese Lernaufgabe durchführten, wurde ihre Hirnaktivität mittels MRT aufgezeichnet.

Um die Hirnareale für das räumliche Gedächtnis zu identifizieren, bedienten sich die Forscher eines Tricks: In einem Teil des Experiments war das Labyrinth unveränderlich, dadurch konnten die Teilnehmer nach und nach eine räumliche Repräsentation im Gedächtnis aufbauen. In einem zweiten Teil veränderte sich das Labyrinth ständig, sodass die Probanden nichts wiedererkennen oder lernen konnten. „Der Vergleich der Tomografiebilder aus diesen beiden Labyrinthen offenbart, welche Hirnregionen zur Bildung des räumlichen Gedächtnisses beitragen“, erklärt Svenja Brodt, Erstautorin der Studie. „Wir waren überrascht, dass die Aktivität des Precuneus, einer Region im hinteren Neokortex, mit dem Lernen kontinuierlich anstieg, wohingegen die Aktivität im Hippocampus kontinuierlich abfiel“, sagt sie.

„Im Precuneus bildet sich eine eigenständige Gedächtnisrepräsentation aus. Wenn der Tomograf Aktivität im Precuneus eines Probanden anzeigte, konnten wir voraussagen, ob dieser einen gesuchten Gegenstand im Labyrinth finden würde oder nicht“, erläutert Brodt. Die Studienergebnisse lieferten wichtige Erkenntnisse darüber, welche Regionen langfristige Gedächtnisspuren speichern. Dies könne helfen, künftig Patienten mit Demenz oder Funktionsstörungen des Hippocampus richtig zu behandeln.

Nach einer Mitteilung der Eberhard Karls Universität Tübingen