Neonatologie Scan 2016; 05(02): 77
DOI: 10.1055/s-0042-107886
Editorial
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Studien schaffen Klarheit

Axel Hübler
,
Gerhard Jorch
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Publication Date:
24 May 2016 (online)

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

die postpartale intratracheale Surfactantgabe beim primären Surfactantmangel lässt weltweit seit 25 Jahren mehr Frühgeborene ohne Bronchopulmonale Dysplasie überleben. Wiederholt wurde Surfactant bei Zuständen von sekundärem Surfactantmangel wie Mekoniumaspiration, Lungenhypoplasie, Pneumonie und ARDS gegeben. In Beobachtungsstudien wurde bei diesen Indikationen eine Verbesserung der Lungenfunktion, mitunter aber auch eine akute Obstruktion gesehen. Eine Evidenz für günstige Langzeitwirkungen wurde bisher in kontrollierten Studien nicht erbracht. Die in diesem Heft als aktuelles Titelthema herausgehobene großangelegte gut kontrollierte multizentrische Studie, publiziert im Journal of Pediatrics von Ballard et al., reiht sich in diese Erfahrung der vergangenen 25 Jahre ein. Offenbar gehen sekundäre Surfactantmangel-Zustände mit schwerwiegenden zusätzlichen Lungenschäden einher, so dass eine Surfactantsubstitution allein weder die allgemeine noch die pulmonale Langzeitprognose verbessern kann.

Nachdem professionell durchgeführte Gasnarkosen lange Zeit als weitgehend unbedenklich auch für Neugeborene und junge Säuglinge galten, wurden wir in den letzten Jahren durch Beobachtungsstudien beunruhigt, die ungünstige neurokognitive Langzeitwirkungen zu belegen schienen. Nun wäre dieses pathophysiologisch durchaus denkbar und ist in tierexperimentellen Untersuchungen auch belegt worden. So könnte es sich um direkt toxische Auswirkungen der angewandten Narkosemittel auf die Nervenzellen handeln, aber auch um sekundäre Effekte wie akzidentelle Hypokapnie mit Hirn-Ischämie bei der Narkoseeinleitung. Umso beruhigender ist nun das Ergebnis einer gut geplanten kontrollierten internationalen multizentrischen Studie, publiziert von Davidson et al. in Lancet, die keinerlei neurologische Entwicklungsstörungen 2 Jahre nach Allgemeinanästhesie mit Sevofluran im Säuglingsalter nachweisen konnte. Wegen der Bedeutung dieser Arbeit für den klinischen Alltag haben wir diese Publikation zum Anlass genommen, die Neurokognition nach Narkose in der frühen Kindheit als Diskussionsthema dieser Ausgabe hervorzuheben.

Die beiden Fortbildungsbeiträge befassen sich mit dem Entlassungsmanagement in der letzten Phase der postpartalen Krankenhausbehandlung eines Frühgeborenen und den Aufgaben eines Neugeborenen-Notarzt-Systems, also den organisatorischen Nahtstellen bei Aufnahme und Entlassung. Wir wünschen wie immer eine spannende Lektüre, bedanken uns bei unseren Autoren und Kommentatoren für ihre Arbeit und unseren Lesern für Ihre Verbundenheit mit Neonatologie Scan!

Ihre Herausgeber

PD Dr. med. Axel Hübler
Chefarzt der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin
Klinikum Chemnitz gGmbH

Prof. Dr. med. Gerhard Jorch
Direktor der Universitätskinderklinik Magdeburg

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