Z Sex Forsch 2016; 29(01): 48-56
DOI: 10.1055/s-0042-102714
Debatte
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Zur Debatte über das TSG: Abschaffung der Begutachtung zur Vornamensänderung auch bei Minderjährigen mit der Diagnose Geschlechtsidentitätsstörung?

Alexander Korte
a   Klinik und Poliklinik für Kinder- u. Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie, Klinikum der Universität München (LMU)
b   International Psychoanalytic University Berlin (IPU)
,
Heinrich Schmidt
c   Dr. von Haunersches Kinderspital, Klinikum der Universität München (LMU)
,
Hartmut A.G. Bosinski
d   Praxis für Sexualmedizin, Kiel
,
Maik Mersmann
a   Klinik und Poliklinik für Kinder- u. Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie, Klinikum der Universität München (LMU)
,
Klaus M. Beier
e   Institut für Sexualwissenschaft und Sexualmedizin, Charité – Universitätsmedizin Berlin
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Publication Date:
23 March 2016 (online)

In dem vorliegenden Beitrag beziehen die Autoren Stellung in der aktuellen Debatte über eine Abschaffung des Gesetzes über die Änderung der Vornamen und die Feststellung der Geschlechtszugehörigkeit in besonderen Fällen, das so genannte Transsexuellengesetz (TSG). Anknüpfungspunkt ist die Publikation von Meyenburg, Renter-Schmidt und Schmidt (2015), in der zuletzt für die Abschaffung der Begutachtungspflicht plädiert wurde. Demgegenüber argumentieren die Autoren dieses Beitrags, den Vorschlag eines generellen, also auch für Anträge minderjähriger Betroffener geltenden Wegfalls der Begutachtung zur Vornamensänderung aus Sicht der Kinder- und Jugendpsychiatrie kritisch zu hinterfragen. Es wird auf spezielle Anforderungen der Diagnostik, Behandlung und Begutachtung von Kindern und Jugendlichen mit Geschlechtsidentitätsstörungen (Geschlechtsdysphorie) eingegangen, die sich bei einer – von den Autoren mit Nachdruck geforderten – Berücksichtigung entwicklungspsychologischer Aspekte ergeben. Diese Überlegungen, die sich auch auf die Bedeutung familiendynamischer Faktoren erstrecken, geben Anlass zur Befürchtung, dass ein Wegfall der Begutachtung in Fällen, in denen ein Antrag auf Vornamensänderung für unter 16-jährige Patienten gestellt wird, nachteilige Folgen für die Betroffenen und deren Familien haben könnte.