Klin Padiatr 2016; 228(02): 91-93
DOI: 10.1055/s-0041-111176
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Minimal-invasive Cholezystokolostomie als operatives Bridging-Verfahren bei progressiv-familiärer intrahepatischer Cholestase (PFIC)

Minimal-invasive Cholecystocolostomy as Surgical Bridging Procedure in Patients with Progressive Familial Intrahepatic Cholestasis (PFIC)
W. Krois
1   Department of Pediatric Surgery, Medical University of Vienna, Vienna, Austria
,
P. Feil
2   Clinical Department of Pediatric Surgery, Medical University of Vienna, Vienna, Austria
,
W.-D. Huber
3   Division of Pediatric Gastroenterology, Department of Pediatrics, Medical University of Vienna, Vienna, Austria
,
A. Hojreh
4   Division of General and Pediatric Radiology, Department of Biomedical Imaging and Image-guided Therapy, Medical University of Vienna, Vienna, Austria
,
W. Rebhandl
5   Medical University Vienna
,
M. Metzelder
2   Clinical Department of Pediatric Surgery, Medical University of Vienna, Vienna, Austria
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Publication History

Publication Date:
29 March 2016 (online)

Der progressiv-familiären intrahepatischen Cholestase (PFIC) liegt eine Störung der hepatozellulären Gallesekretion oder des intrazellulären Galletransports auf Basis unterschiedlicher Rezeptoren zugrunde (Srivastava A, JCEH 2014; 4(1): 25–36). Die Gallensalze können nicht aus der Leberzelle transportiert werden und akkumulieren intrazellulär. Dies führt zur hepatozellulären Cholestase und progressiver Leberschädigung und bereits früh zu Symptomen wie quälendem Juckreiz und Steatorrhö.

Es stehen 2 chirurgische Operationsmethoden zur Vermeidung einer Lebertransplantation zur Verfügung: die externe sowie die interne biliäre Diversion (Mousavi SA et al., Hepat Mon 2014; 14(3), Ramachandran P et al., Ped Surg Int 2014; 30(10): 1045–1049). Beide Methoden führen zu einer Reduktion der Gallensalz-Reabsorption im terminalen Ileum und zeigten bisher gute Ergebnisse, wobei die inneren Ableitungen vor allem die ilealen Bypass-Operationen langfristig aufgrund von Umbau- und Adaptationsprozessen im Dünndarm bei vielen Patienten wieder eine Reabsorption der Gallensalze zur Folge haben können und so schlechtere Langzeitergebnisse aufweisen (Kaliciński PJ et al., EJPS 2003; 13(5): 307–311). Bei der Ableitung in das Colon ist dies aufgrund der zu vernachlässigenden Kapazität der Gallensäure-Reabsorption nicht zu erwarten.

Die externen biliären Diversionsverfahren lieferten langfristig bessere Resultate und haben alle die Ableitung der Galle nach außen gemeinsam. Hier stehen mehrere Teils gleichwertige Techniken zur Verfügung, allen gemeinsam ist jedoch die Ableitung der Gallensalze über einen künstlichen Ausgang aus der Bauchdecke, was zu einer zügigen Reduktion der Gallensalze im Serum und zur Abnahme des Pruritus führt (Schukfeh N et al., JPS 2012; 47(3): 501–505, Jericho HS et al., JPGN 2015; 60(3): 368–374). Allerdings stellt diese Methode durch Vorhandensein eines Stomas oder Buttons insbesondere für jugendliche Patienten eine starke psychische Belastung dar.

Diao M. et al. (Diao M et al., Ann Surg 2013; 258(6): 1028–1033) berichtet über hervorragende Ergebnisse mit einer neuen minimal-invasiven Methode der internen biliären Diversion bei welcher die Gallensalze direkt in den Dickdarm geleitet werden und stellt somit eine vielversprechende neue Möglichkeit vor, bei der die Adaptationsprozesse im Dünndarm keine Rolle spielen. Der Eingriff kann laparoskopisch-assistiert durchgeführt werden und benötigt keinen großen Hautschnitt. Einen Überblick über das Verfahren wird in [Abb. 1] skizziert.

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Abb. 1 Schematischer Operationssitus der Cholezystokolostomie (Weißer Pfeil: Anastomose der Cholezystokolostomie, Schwarzer Pfeil: Anastomose der End-zu-Seit Transversodeszendostomie, L Leber, GB Gallenblase, KK Kolonkonduit).

Wir berichten den Fall eines 12-jährigen Knaben, mit einer genetisch verifizierten PFIC Typ 2, Wachstumsretardierung, beginnender Leberfibrose mit leicht erhöhten Transaminasen, einem erhöhten Gesamt-Bilirubin, signifikant erhöhten Gallensäuren im Serum und deutlich ausgeprägten Kratzeffloreszenzen der Haut durch quälenden Juckreiz ([Tab. 1])

Tab. 1 Laborchemischer und klinischer Verlauf prä- und postoperativ.

präoperativ

1 Monat postOP

3 Monate postOP

6 Monate postOP

Bilirubin gesamt (0,3–1 mg/dl)

1,57

0,95

0,51

0,6

ASAT (10–55 U/l)

65

72

56

45

ALAT (12–46 U/l)

56

112

89

44

gamma-GT (6–38 U/l)

24

19

<10

<10

Gallensäuren (0–10,0 μmol/l)

274,0

243,1

79,8

12,0

5-D itch scale (5–25)

20

5

5

5

Stuhlfrequenz

1–2/Woche

1–2/Tag

1–2/Tag

1–2/Tag

Körpergröße

127 cm (<3. Perz.)

133 cm (<3. Perz.)

Gewicht

24,5 kg (<3. Perz.)

28,8 kg (<3.Perz.)

ASAT=Aspartat-Aminotransferase, ALAT=Alanin-Aminotransferase, gamma-GT=Gamma-Glutamyltransferase, 5D-itch scale nach Elman S et al., Br J Dermatol 2010; 162(3): 587–593

Bei explizitem Wunsch des Patienten zur Vermeidung einer äußeren Ableitung, fiel die Entscheidung zur vorab erwähnten Technik der laparoskopisch-assistierten Cholecystokolostomie.

Laparoskopisch wurde zunächst die linke Kolonflexur mobilisiert, anschließend das Kolon über eine kleine Schnitterweiterung im Bereich des Arbeitstrokars im linken Mittelbauch aus der Bauchdecke herausluxiert. Es erfolgte die Durchtrennung des Kolons im Bereich des Transversums zur Bildung eines 15cm langes isoperistaltischen Kolonconduits, welches bis zur Gallenblase geführt wurde. Nach Anfertigung einer extrakorporalen Transverso-Deszendostomie wurde dieser Abschnitt wieder in die Bauchhöhle zurückverlagert und die Cholecystokolostomie anschließend mittels intrakorporaler Nahttechnik laparoskopisch angefertigt ([Abb. 1] [2]).

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Abb. 2 Operationssitus der laparoskopischen Cholezystokolostomie (Pfeil: Anastomose, L Leber, GB Gallenblase, KK Kolonkonduit).

Der intra- und postoperative Verlauf des Patienten gestaltete sich komplikationslos. Vonseiten des Juckreizes war der Patienten bereits 2 Tage postoperativ beschwerdefrei und konnte am neunten postoperativen Tag unter oraler Antibiotikaprophylaxe mittels Amoxicillin/Clavulansäure nach Hause entlassen werden.

Einen Monat postoperativ zeigte die Magnetresonanz-Cholangio-Pankreatikografie eine regelrechte Ausscheidung des gallegängigen Kontrastmittels von der Gallenblase über das Kolonkonduit in das distale Kolon ([Abb. 3]).

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Abb. 3 MRCP 1 Monat postoperativ (Pfeil: Anastomose der Cholezystokolostomie, L Leber, GB Gallenblase, KK Kolonkonduit, Sternchen: Anastomose der Transverso-Descendostomie).

Die Laborkontrollen zeigten im ersten postoperativen Monat einen passageren Anstieg der Transaminasen bei Normalisierung des Bilirubins und weiterhin vollständigem Fehlen des Pruritus. Die Stuhlfrequenz des Patienten ist mit etwa ein bis 2-mal täglich und weicher Konsistenz regulär. Mit Absetzen der Antibiotikaprophylaxe nach 3 Monaten, zeigten sich bis 6 Monate postoperativ weiterhin sämtliche Laborparameter inklusive der Gallensäuren im Normbereich. [Abb. 4] zeigt die Narbenverhältnisse und die abgeheilten Kratz-Effloreszenzen 6 Monate postoperativ.

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Abb. 4 Narbenverhältnisse 6 Monate postoperativ (Pfeile: Operationsnarben, Sternchen: Kratzeffloreszenzen).

Analog zur Publikation von Diao M et al. zeigt auch der vorliegende nach Literaturrecherche bis dato erstmalig in Europa mittels laparoskopisch-assistierter Cholocystokolostomie operierte Patient bislang ein exzellentes Ergebnis, sodass diese Technik als sicher durchführbares Bridging-Verfahren geeignet erscheint. Die exzellenten Ergebnisse unseres dargestellten Falles zeigten, dass mit der vorgestellten neuen Technik gleichwertige Ergebnisse wie mit der externen biliären Diversion erzielt werden können. Der Gallefluss aus der Gallenblase in das Kolon führt zu einer suffizienten Ausscheidung der Gallensalze aus dem Körper und zeigt zumindest im Kurzzeitverlauf eine Normalisierung der Leberenzyme und vollständige Linderung des Pruritus. Darüber hinaus, wird durch Verzicht einer Stoma-Anlage die Lebensqualität der Patienten besonders in der Adoleszenz deutlich positiv beeinflusst.

Die laparoskopisch-assistierte Cholecystokolostomie scheint zum jetzigen Zeitpunkt eine gute Alternative zur externen biliären Diversion bei Patienten mit progressiv-familiärer intrahepatischer Cholestase zu sein und sollte deshalb bei der Beratung dieser Patienten als therapeutische Option angesprochen werden.