Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2015; 50(07/08): 504-509
DOI: 10.1055/s-0041-103418
Management
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Schwangere Kolleginnen in Anästhesie und Intensivmedizin – Ein evidenzbasiertes Vorgehen zur Arbeitsplatzgestaltung

The pregnant employee in anaesthesia and intensive care – An evidence-based approach to designing adequate workplaces
Katharina Röher
,
Matthias S Göpfert
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Publication Date:
31 July 2015 (online)

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Zusammenfassung

Vor dem Hintergrund eines steigenden Frauenanteils unter den ärztlichen Mitarbeitern in Anästhesie und Intensivmedizin spielt die Gestaltung von Arbeitsplätzen für schwangere Mitarbeiterinnen eine zunehmend wichtige Rolle. Hierbei gilt es die Interessen von schwangerer Mitarbeiterin, Arbeitgeber und Kollegen der Schwangeren miteinander in Einklang zu bringen. Den Rahmen dazu bilden die gesetzlichen Bestimmungen durch das Mutterschutzgesetz (MuSchG). Der Artikel gibt eine Übersicht darüber, wie unter Berücksichtigung der wissenschaftlichen Evidenz geeignete Arbeitsplätze für schwangere Mitarbeiterinnen in Anästhesie und Intensivmedizin etabliert werden können.

Abstract

In the light of a rising percentage of women among employees in anaesthesia and intensive care designing adequate workplaces for pregnant employees plays an increasingly important role. Here it is necessary to align the varied interests of the pregnant employee, fellow employees and the employer, where the legal requirements of the Maternity Protection Act (“Mutterschutzgesetz”) form the statutory framework. This review describes how adequate workplaces for pregnant employees in anaesthesia and intensive care can be established considering the scientific evidence on the subject.

Kernaussagen

  • Den rechtlichen Rahmen für die Gestaltung von Arbeitsplätzen schwangerer Mitarbeiterinnen bilden das Mutterschutzgesetz (MuSchG) sowie die Verordnung zum Schutze der Mütter am Arbeitsplatz (MuSchArbV).

  • Auch wenn bei schwangeren Mitarbeiterinnen die Sorge um das ungeborene Kind im Vordergrund steht, möchten viele dennoch keine Nachteile für ihre medizinische Aus- und Weiterbildung erfahren.

  • Für eine rationale und individuelle Analyse des arbeitsplatzbezogenen Risikos, die in sinnvolle und realisierbare Maßnahmen zum Schutz von Mutter und Kind mündet, müssen die speziellen Gefährdungspotenziale schwangerer Mitarbeiterinnen im Einzelnen betrachtet werden.

  • Tierexperimentelle Daten deuten auf eine mögliche Teratogenität und erhöhte Abortrate durch Lachgas und das volatile Anästhetikum Halothan hin. Obwohl epidemiologische Daten eine Gefährdung beim Menschen nicht eindeutig belegen, sollte auf den Einsatz dieser Substanzen in Gegenwart schwangerer Mitarbeiterinnen verzichtet werden.

  • Eine besonders hohe Exposition mit volatilen Anästhetika wurde bei inhalativer Maskeneinleitung pädiatrischer Patienten nachgewiesen, die daher in Anwesenheit schwangerer Mitarbeiterinnen nicht durchgeführt werden sollte.

  • Grundsätzlich müssen immer die gesetzlichen Regelungen zum Umgang mit Inhalationsanästhetika beachtet werden.

  • Zur Vermeidung infektiologischer Risiken sind ausreichende Schutz- und Hygienemaßnahmen die wirksamste Methode, um eine Exposition schwangerer Mitarbeiterinnen zu verhindern.

  • Bei schwangeren Mitarbeiterinnen sollte auf eine ausreichende Immunität gegen das Hepatitis-B-Virus geachtet werden. Sie sollten invasive Maßnahmen mit stichsicheren Instrumenten durchführen.

  • Ionisierende Strahlung hat nachweislich teratogene Risiken. Daher muss eine Exposition schwangerer Mitarbeiterinnen vermieden werden.

  • Unter Beachtung der durch das Mutterschutzgesetz vorgegebenen organisatorischen Regelungen und der wissenschaftlichen Evidenz zu den unterschiedlichen Gefährdungspotenzialen ist es möglich, geeignete Arbeitsplätze für schwangere Mitarbeiterinnen in Anästhesie und Intensivmedizin zu etablieren und ein Beschäftigungsverbot zu umgehen.

Ergänzendes Material