Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2015; 50(3): 186-195
DOI: 10.1055/s-0041-100874
Fachwissen
Notfallmedizin
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Invasive Notfalltechniken – Notamputation

Invasive emergency techniques – In-field-amputation
Thorsten Hess
,
Philipp Inden
,
Andreas Seekamp
,
Peer Gunnar Knacke
,
Thoralf Kerner
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Publication History

Publication Date:
07 April 2015 (online)

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Zusammenfassung

Der Einsatz invasiver Techniken am Notfallort – z. B. die Koniotomie, die Thoraxdrainage, die intraossäre Punktion oder in seltenen Fällen die Notamputation – ist bei bestehender Indikation alternativlos und für jeden Notarzt gleichermaßen eine große Herausforderung. Personelle, zeitliche und örtliche Rahmenbedingungen sind häufig ungünstig. Selbst bei regelmäßiger Teilnahme am Notarztdienst bleiben Ultima-Ratio-Maßnahmen am Notfallort, insbesondere im Rahmen pädiatrischer Notfälle, eine Seltenheit. Neben der theoretischen Ausbildung sind praxisorientierte Kurskonzepte erforderlich, um eine hohe Qualität dieser Maßnahmen zu erreichen. Dieser Artikel stellt die Notamputation hinsichtlich Indikation, Durchführung, Problemen und Risiken vor. Er ist Teil einer Serie von insgesamt vier Artikeln zum Thema „Invasive Notfalltechniken“.

Abstract

On-scene invasive emergency procedures, such as Cricothyroidotomy, chest drain, intraosseous puncture or even in-field-amputation, are often unavoidable, when indicated, and present a major challenge for the emergency physician. Personal, temporal or local conditions are often unsuitable. Even with regular intervention by the Emergency Medical Service, “last resort” measures occur very infrequently, particularly in relation to paediatric emergencies. As well as theoretical training, practice-oriented course concepts are essential in order to achieve high quality in these procedures. This article presents the use of in-field-amputation, with reference to indication, implementation, problems and risks. It is part of a series of four articles on the subject of invasive emergency techniques.

Kernaussagen

  • Die Notamputation ist eine sehr seltene, maximalinvasive Ultima-Ratio-Maßnahme. Zur Rettung eines eingeklemmten Patienten aus einer tatsächlich gegebenen, nicht anders abwendbaren Lebensgefahr wird der eingeklemmte Körperteil am Notfallort chirurgisch abgetrennt.

  • Ziel ist das primäre Überleben eines eingeklemmten und vital bedrohten Patienten. Es gilt der Leitsatz: „Life before limb“. Eine Notamputation erfolgt meistens im Rahmen einer Sofortrettung („Crash“-Rettung).

  • Zur Blutungskontrolle werden in modernen zivilen Traumaversorgungskonzepten externe Kompressionssysteme wie z. B. Tourniquets empfohlen. Um Komplikationen zu vermeiden, sollten notfallmedizinisch Tätige in der Indikationsstellung und der korrekten Durchführung geschult sein.

  • Die Amputation ist eine absolute Einzelfallentscheidung und obliegt der Verantwortung und Erfahrung des jeweiligen Notarztes.

  • Klinische Scoring-Systeme sind für die präklinische Entscheidung zur Notamputation nachrangig. Es können keine generellen Empfehlungen nach den derzeit gültigen Leitlinien abgeleitet werden. Wünschenswert wäre jedoch eine weitere Diskussion des Themas „Amputation am Unfallort“ in den an entsprechenden Leitlinien beteiligten Gremien und Fachgesellschaften.

Ergänzendes Material