Tierarztl Prax Ausg G Grosstiere Nutztiere 2007; 35(01): 40-44
DOI: 10.1055/s-0037-1621515
Pferd
Schattauer GmbH

Ein Nabelbruch als Littré’sche Hernie beim Fohlen[*]

Geschichte, Nomenklatur und FallberichtUmbilical hernia as Littré’s hernia in the foal. History, nomenclature and case report
A. Kleinpeter
1   Tierärztliche Klinik Alt-Sammit
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Publication History

Eingegangen: 18 August 2006

akzeptiert: 27 October 2006

Publication Date:
06 January 2018 (online)

Zusammenfassung

Gegenstand und Ziel: Präsentation eines Fohlens mit Littré’scher Hernie und der Nomenklatur zu dieser Erkrankung. Material und Methoden: Bei einem sieben Monate alten Stutfohlen mit einem Nabelbruch seit Geburt und deutlichen Allgemeinstörungen seit kurzer Zeit ergab die Laparotomie ein in den Nabelbruch eingewachsenes Meckel’sches Divertikel. Dieses wurde reseziert und das Ileum mit einer End-zu-End- Anastomose verbunden. Ergebnisse: Die Heilung verlief komplikationslos. Das Fohlen zeigte auch zwei Jahre später einen normalen Entwicklungszustand. Schlussfolgerung und klinische Relevanz: Die vorliegende Situation des Meckel’schen Divertikels als Bruchinhalt stellte die erstmals 1700 durch den französischen Chirurgen Littré“ beschriebene Sonderform einer Hernie dar. Das Meckel’sche Divertikel, eine Ileumaussackung, die aus persistierenden Teilen des nicht vollständig atrophierten Dottergangs besteht, wächst vorzugsweise beim Pferd im Bereich eines Nabelbruchs ein. Klinisch ist diese Hernie vor allem durch Symptome einer langsam entstehenden Peritonitis gekennzeichnet. Vollständige Darmverschlüsse kommen nicht vor. Nomenklatorisch wie ätiologisch ist die Littré’sche Hernie von der so genannten Richter’schen Hernie abzugrenzen. In Publikationen der Jahre 1841 und 1887 wird der Begriff Littré’sche Hernie nur im Zusammenhang mit dem Meckel’schen Divertikel als Bruchinhalt verwendet und es erfolgt eine Differenzierung von der sogenannten Richter’schen Hernie, bei der Darmwandbrüche (Traktions- und Pulsionsdivertikel) den Bruchinhalt bilden. In der deutschsprachigen veterinärmedizinischen Literatur ist die Nomenklatur bis heute uneinheitlich. So wird häufig der Begriff Richter-Littré-Hernie für alle Krankheitsbilder verwendet, bei denen Darmwandteile den Bruchinhalt bilden. Klinisch unterstreicht dieses Fallbeispiel die Notwendigkeit einer Korrektur von Nabelhernien im frühen Fohlenalter. Die End-zu-End-Anastomose am Ileum ist vor allem bei Fohlen eine Alternative mit Erhaltung der ernährungsphysiologischen und anatomisch günstigeren Verhältnisse im Gegensatz zu einer Jejunozäkostomie. Im Heilungsprozess der Anastomose scheint die alleinige Milchernährung ein günstiger Faktor zu sein, ohne Stenosen zu provozieren.

Summary

Objective: Presentation of a foal with a Littré’s hernia and of the nomenclature of Littré’s hernia. Material and methods: In a seven-month-old female foal with an umbilical hernia from birth on and obvious acute, general discomfort laparotomy revealed an ingrown Meckel´s diverticulum inside the umbilical hernia. Treatment consisted of intestinal resection and end-to-end-anastomosis of the ileum. Results: Healing was uncomplicated. Two years later the foal still shows a normal development. Conclusion and clinical relevance: This situation of the Meckel’s diverticulum as hernia content presents the special case of a hernia, which was first described by the French surgeon “Littré” in 1700. The Meckel’s diverticulum, a protrusion of the ileum, which consists of persistent parts of the not completely atrophied omphalomesenteric duct, preferably grows in the area of an umbilical hernia. Clinically this kind of hernia is marked by signs of a slowly developing peritonitis. Complete intestinal occlusions have not been observed. In nomenclature as well as etiologically it is important to differentiate between the Littré hernia and the so-called Richter hernia. In publications of 1841 and 1887 the term Littré hernia is only mentioned in connection with the Meckel’s diverticulum as hernia content and differentiated from the so-called Richter hernia, where hernias of intestinal walls (traction diverticulum and pulsion diverticulum) form the hernia content. In German-language veterinary literature the nomenclature is not standardized. Often the term Richter-Littré-Hernia is used for all situations in which parts of the intestinal wall form the hernia content. This case study emphasizes the urgency of an early correction of the hernias in newborn foals. The end-to-end anastomosis of the ileum is a practicable alternative especially in foals, with preservation of the nutrition- physiological and better anatomic conditions than with a jejunocecal anastomosis. Feeding of milk seems to be a positive factor in the healing process of the anastomosis without provoking stenoses.

* Herrn Prof. (em.) Dr. Olof Dietz zum 80. Geburtstag gewidmet.


 
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