Zeitschrift für Palliativmedizin 2017; 18(03): 137
DOI: 10.1055/s-0035-1570827
Perspektiven
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

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Jan Gramm
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Publication Date:
04 May 2017 (online)

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Prof. Dr. Traugott Roser, Rubrikenherausgeber

Liebe Leserinnen und Leser,

Der französische Philosoph Michel Foucault (1926 – 1984) hat in seinem Buch »Archäologie des Wissens« (1969) seine Beobachtungen aus Krankenhäusern festgehalten und beschrieben, „daß der klinische Diskurs ebenso eine Gesamtheit von Hypothesen über das Leben und den Tod, von ethischen Entscheidungen, von therapeutischen Entscheidungen, von institutionellen Regelungen, von Unterrichtsmodellen wie eine Gesamtheit von Beschreibungen war“. Als geschulter Psychologe und Soziologe analysierte Foucault, dass gerade Diskurse im Gesundheitswesen unweigerlich von Macht- und Geltungsansprüchen der beteiligten Wissenschaftsdisziplinen und Professionen geprägt sind. Kritisch beurteilte er z. B. die „Pastoralmacht“, die über lange Phasen der Geschichte ihre Hypothesen über das (richtige) Leben und den Tod durchaus mit Herrschaftsansprüchen durchzusetzen wusste.

Geltungsansprüche machen sich fest an geltenden Strukturen; um sie wird gerungen, manchmal hinter verschlossenen Türen, manchmal offen und transparent. Der Diskurs zum Verständnis von Trauer, voll von Hypothesen über Leben und Tod, der in dieser Ausgabe der Perspektiven eine Fortsetzung erfährt, legt Argumente offen und wird als Dialog auf Augenhöhe geführt.

Am Diskurs sind freilich nicht nur die Autoren beteiligt, sondern auch die Leserinnen und Leser. Ihnen sei mit Foucault kritische Lektüre und eine kritische Prüfung der eigenen Interessen ans Herz gelegt.

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