manuelletherapie 2015; 19(05): 197
DOI: 10.1055/s-0035-1570009
Editorial
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

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Jan Herman van Minnen
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Publication Date:
18 December 2015 (online)

Beckeninstabilität – Mythos oder Realität?

Ob bei Kongressen, Kursen in Manueller Therapie oder unter Berufskollegen, das Thema Beckeninstabilität wird oft diskutiert. Gibt es sie, und können wir sie diagnostizieren oder nicht? Die Diskussion endet meistens unentschieden: es gibt gleichviele Befürworter wie Skeptiker der Beckeninstabilität.

Dabei spielt das Becken eine so wichtige biomechanische und funktionelle Rolle als Verbindung zwischen Wirbelsäule und den oberen Extremitäten einerseits und den Beinen anderseits. Für diese Aufgabe braucht es Bewegung und Stabilität!

Nach der Entscheidung im Herausgeberteam, die vorliegende Ausgabe diesem Thema zu widmen, fragte ich per E-Mail Diane Lee, ob sie den Einführungsartikel schreiben möchte. Sie antwortete, sie würde das gerne übernehmen, ob uns aber klar wäre, dass es sich um ein sehr kontroverses Thema handelt. Ich antwortete schmunzelnd, dass genau dies der Entscheidungsgrund für dieses Schwerpunktthema war.

Diane Lee beschreibt anhand sehr viel klinischer Erfahrung und Evidenz aus Studien der letzten 20 Jahre die Schwierigkeiten bei der Untersuchung und Behandlung der Beckeninstabilität.

Sean Gibbons stellt einige Studien zu den von vielen Therapeuten eingesetzten Tests des Sakroiliakalgelenks (SIG) vor. Testen diese SIG-Tests, was sie vorgeben zu testen oder was wir denken zu testen? Ich hoffe, dieser Beitrag regt zum Reflektieren an. Gibbons schlägt für die Untersuchung und Behandlung sein Klassifizierungsmodell für neuromuskuloskeletale Dysfunktionen vor.

Während der klinischen Supervision höre ich leider sehr oft den Satz: „Dann üben wir jetzt noch schnell den M. transversus abdominis“. Auf meine Frage warum, kommt oft das Argument, dass die Übungen bei LWS- und Beckendysfunktionen sicher gut tun. Dieser Art von Clinical Reasoning stellt Annelies Pool ein evidenzbasiertes Reasoning gegenüber. In ihrer zusammen mit drei Fachkolleginnen verfassten Fallstudie illustriert sie ihre Untersuchungsschritte unter anderem mit Evidenz aus verschiedenen Studien.

Die drei verschiedenen Beiträge der drei Autoren haben eines gemeinsam: ausführlich beschriebene Clinical-Reasoning-Strategien.

Und so bleibt wahrscheinlich auch in 2016 die Frage: Beckeninstabilität – Mythos oder Realität?

Ich wünsche Ihnen ein glückliches und gesundes Neues Jahr.
Jan Herman van Minnen

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