Z Geburtshilfe Neonatol 2016; 220(01): 6-7
DOI: 10.1055/s-0034-1398312
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Neonatologie
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Kongenitale Zwerchfellhernie – Entwicklungsneurologisches Outcome im internationalen Vergleich

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Publication Date:
11 February 2016 (online)

Hintergrund: Etwa 1 von 3000 Kindern wird mit einer kongenitalen Zwerchfellhernie (engl. congenital diaphragmatic hernia; CDH) geboren. Diese Kinder mit einer lebensbedrohlichen respiratorischen Insuffizienz benötigen häufig eine extrakorporale Membranoxygenierung (ECMO). Seit der Einführung eines standardisierten neonatalen Therapiealgorithmus durch das „CDH-EURO-Consortium“ (einer Arbeitsgruppe europäischer Zentren mit hohen CDH-Behandlungszahlen) im Jahr 2008 haben sich die Überlebensraten der betroffenen Kinder signifikant verbessert. Snoek und Kollegen haben nun das langfristige entwicklungsneurologische Outcome von CDH-Hochrisikopatienten analysiert.

Methoden: An der prospektiven Kohortenstudie an 2 großen europäischen CDH-Behandlungszentren (Rotterdam /Niederlande und Rom / Italien) nahmen 88 Kinder, die zwischen 2009 und 2012 mit einer CDH geboren worden waren und innerhalb von 6 Stunden nach der Geburt eine respiratorische Insuffizienz entwickelt hatten, teil. Die postpartale Versorgung der Kinder erfolgte gemäß des standardisierten Behandlungsprotokolls. Eine ECMO-Therapie war jedoch nur in Rotterdam möglich. Im korrigierten Alter von 12 bzw. 24 Monaten wurde das entwicklungsneurologische Outcome der Patienten der einzelnen Behandlungszentren (Rotterdam n = 49; Rom n = 39) mit Hilfe der „Bayley Scales of Infant Development“ (BSID) evaluiert.

Ergebnisse: Bei 4 Kindern (Rotterdam n = 1; Rom n = 3) war eine fetoskopische endotracheale Okklusion erfolgt. In Rotterdam wurde bei 28 Patienten eine thorakoskopische Korrektur angestrebt. In 7 Fällen wurde jedoch das Umsteigen auf einen offen-chirurgischen Eingriff notwendig. Die Kinder aus Italien wurden alle mittels Laparotomie behandelt. Im Alter von 12 Monaten wiesen insgesamt 71 (85,5 %) bzw. 58 (72,5 %) Kinder eine normale kognitive bzw. motorische Entwicklung auf. Mit 24 Monaten waren 67 (83,8 %) bzw. 56 (65,9 %) Kinder unauffällig entwickelt.

Während die kognitiven und motorischen Fähigkeiten der Kinder aus Rotterdam im Zeitverlauf stabil blieben, verbesserten sich in Rom die Parameter im Verlauf der Nachbeobachtungszeit signifikant. Ein niedriger sozioökonomischer Status, ein längerer Klinikaufenthalt sowie eine nicht-niederländische Abstammung waren mit einem schlechteren kognitiven Outcome assoziiert. Ein längerer Klinikaufenthalt sowie ein niedriger sozioökonomischer Status wirkten sich zudem ungünstig auf die motorischen Fähigkeiten der Kinder aus.

Fazit

Die Ergebnisse der longitudinalen Beobachtungsstudie belegen, so das Fazit der Autoren, dass Kinder mit CDH im Alter von 2 Jahren zwar meist kognitiv unauffällig entwickelt sind, jedoch nicht selten motorische Defizite aufweisen. Allerdings erschwerten die Zentrum-spezifischen Unterschiede im Outcome der Patienten eine Verallgemeinerung der Schlussfolgerungen. Zukünftige Multizenter-Studien, so die Empfehlung von Snoek et al., sollten sich nicht nur auf die Standardisierung der postnatalen Versorgung der betroffenen Kinder konzentrieren. Um das Patientenoutcome verschiedener Behandlungszentren miteinander vergleichen, die langfristigen Auswirkungen von Interventionen beurteilen und Risikofaktoren für Entwicklungsstörungen zuverlässig identifizieren zu können, müsse auch ein international einheitliches langfristiges Follow-up-Programm etabliert werden.

Dr. Judith Lorenz, Künzell