Z Geburtshilfe Neonatol 2016; 220(01): 6
DOI: 10.1055/s-0034-1398311
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Neonatologie
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Temperaturregulation im Inkubator – Regulation anhand der Lufttemperatur begünstigt Gewichtszunahme

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Publication Date:
11 February 2016 (online)

Hintergrund: Frühgeborene verfügen nur über eingeschränkte thermoregulatorische Fähigkeiten. Damit diese unreifen Kinder nicht ihre gesamte Energie für die Konstanthaltung der Körpertemperatur verbrauchen, sondern sie vollständig für den Stoffwechsel und das Wachstum einsetzen können, müssen in einem geschlossenen Inkubatorsystem optimale thermoneutrale Umgebungsbedingungen geschaffen werden. Die Wärmeregulation im Inkubator kann entweder mit Hilfe des ATC (Air Temperature Control)- oder des SCC (Skin Servo Control)-Modus erfolgen. Hierbei reguliert der Apparat die Wärmezufuhr so, dass entweder eine voreingestellte Lufttemperatur oder eine bestimmte, mit Hilfe einer Sonde gemessene Hauttemperatur konstant gehalten wird. Degorre und Kollegen haben untersucht, welche der beiden Regulationsmethoden sich günstiger auf die Energiebilanz der Kinder auswirkt.

Methoden: An der randomisierten Studie an der neonatologischen Intensivstation der Universitätsklinik von Amiens / Frankreich nahmen zwischen 2010 und 2011 insgesamt 38 Frühgeborene (Gestationsalter < 32 SSW) teil. Bei 18 Kindern erfolgte die Wärmeregulation im Inkubator mit Hilfe der ATC-Steuerung. Hierbei wurde die thermoneutrale Zieltemperatur von einem Computerprogramm anhand verschiedener physikalisch-kalorimetrischer und Patienten-bezogener Variablen (z.B. relative Luftfeuchte, Gestationsalter, postnatales Alter, Gewicht etc.) festgelegt. Bei den in die SCC-Gruppe randomisierten Frühgeborenen (n = 20) wurde die Lufttemperatur in Abhängigkeit von der gemessenen Hauttemperatur (Zieltemperatur 36,8 °C) reguliert. Die Häufigkeit von hypothermen (< 36,0 °C) und hyperthermen (> 37,5 °C) Episoden während der ersten 11 Lebenstage der Kinder wurde objektiviert. Ferner wurde analysiert, über welchen Zeitraum Abweichungen von mehr als 2 °C von der thermoneutralen Lufttemperatur auftraten und berechnet, welchen zusätzlichen Energieaufwand die Kinder zur Aufrechterhaltung der Homöothermie erbringen mussten.

Ergebnisse: Während der gesamten Studiendauer war bei den Kindern der ATC-Gruppe eine signifikant höhere mittlere Körpertemperatur nachweisbar als in der SCC-Gruppe (37,0 ± 0,03 vs. 36,8 ± 0,02 °C; p < 0,01). Die durchschnittliche Inkubatortemperatur nahm im Zeitverlauf in beiden Gruppen ab (jeweils p < 0,01), war aber in den ersten 6 Tagen in der ATC-Gruppe signifikant höher (p < 0,05). Während hypotherme Episoden in beiden Gruppen gleich häufig auftraten, wurden in der ATC-Gruppe signifikant häufiger moderate Hyperthermie-Episoden verzeichnet (p < 0,001). Abweichungen von der Zieltemperatur um mehr als 2 °C in Richtung höherer bzw. niedriger Werte traten in der SCC-Gruppe signifikant häufiger auf (p < 0,001 bzw. p = 0,001). Bezüglich des zur Aufrechterhaltung der Temperaturhomöostase notwendigen zusätzlichen Energieaufwands ließen sich keine Unterschiede zwischen den beiden Gruppen nachweisen. Die Kinder der ATC-Gruppe erreichten jedoch signifikant schneller wieder ihr Geburtsgewicht als die Frühgeborenen der SCC-Gruppe (p < 0,05).

Fazit

Frühgeborene, die in einem Inkubator versorgt werden, dessen Wärmeregulation anhand der Lufttemperatur erfolgt, nehmen bei einer durchschnittlichen Körpertemperatur von 37 °C aufgrund der stabileren Inkubator-Lufttemperatur innerhalb der ersten 11 Lebenstage schneller an Gewicht zu. Die SCC-Kinder hielten zwar ihre Körpertemperatur bei 36,8 °C, waren aber stärkeren Temperaturschwankungen im Inkubator ausgesetzt.

Dr. Judith Lorenz, Künzell